Bild nicht mehr verfügbar.

Hohe US-Schutzzölle auf Stahl und Aluminium könnten das Angebot in Europa um bis zu einem Drittel erhöhen, fürchtet die Stahlbranche. Dabei handelt es sich um Waren zu illegalen Dumpingpreisen aus Asien.

Foto: REUTERS / Thomas Peter

Wien – Die Europäische Union will sich gegen die am Freitag eingeführten US-Zölle auf Stahl und Aluminium wehren. Brüssel plant noch in diesem Monat Zölle auf US-Produkte im Wert von 2,8 Milliarden Euro. Europäische Politiker greifen Washington an – der Ton ist alles andere als abgestimmt. Für Europas Stahlbranche steigt indessen der Druck.

Der Protektionismus Washingtons sei ein Verstoß gegen internationale Abkommen und damit "illegal", meinte der französische Präsident Emmanuel Macron am Freitag; und vor allem sei er auch ein "Fehler", da er die Folgen nicht bedenke: "Der wirtschaftliche Nationalismus führt zum Krieg. Das ist genau das, was in den Dreißigerjahren passiert ist."

Macron und Trump zwischen freundlichem Handschlag und Tauziehen: Frankreichs Präsident wechselt rasch seinen Umgangston mit dem US-Präsidenten. Jetzt fordert er eine harte Antwort der EU auf die US-Zölle.
Foto: APA / BRENDAN SMIALOWSKI

Mit seinem Auftritt kontrastiert er die Kühle und Kürze der deutschen Reaktionen: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier drängt darauf, den Kontakt mit dem amerikanischen Partner aufrechtzuerhalten und nicht überstürzt zu reagieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel werde sich weiter für freien Handel und offene Märkte einsetzen, sagte ein Regierungssprecher in Berlin.

Dahinter stecken nicht nur Temperamentsunterschiede zwischen Berlin und Paris, sondern der Umstand, dass die deutsche Wirtschaft in einem hochgeschaukelten Handelsstreit mehr zu verlieren hat als die französische. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Peugeot und Renault sind in den USA nicht vertreten, während diese für Mercedes und BMW einen Hauptmarkt darstellen.

Gegenschlag vorbereitet

Die schwedische EU-Kommissarin Cecilia Malmström bezeichnete die "unterschiedlichen Prioritäten" als "normal" und verweist darauf, dass Handelspolitik ohnehin alleinige Kompetenz der EU sei. Indirekt geben die Positionen Deutschlands und Frankreichs dennoch den Ausschlag. Und zwischen Berlin und Paris laufen die Drähte heiß, um eine einheitliche Position zustandezubringen – weder zu brüsk für die Deutschen noch zu lau für die Franzosen. Darum hat die EU noch keine Entscheidung über das Ausmaß der Gegenzölle getroffen.

Einsatzbereit hat die Kommission Zölle auf US-Einfuhren im Wert von 2,8 Milliarden Euro. Sie könnten frühestens am 20. Juni in Kraft treten. Die Liste reicht von Stahl über Mais bis zu typisch amerikanische Produkte wie Bourbon, Blue Jeans und Erdnussbutter. In einer zweiten Stufe können ab 2021 weitere US-Produkte im Wert von 3,6 Milliarden Euro von Abgaben getroffen werden. Ein Klageverfahren gegen die USA wurde bei der WTO eingeleitet.

Furcht vor Stahlschwemme

Auch die österreichische Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) reagierte empört: "Mit den USA verbinden uns seit vielen Jahren enge Wirtschaftsbeziehungen – dass US-Präsident Trump diese mit der Verhängung von Strafzöllen aufs Spiel setzt, ist unverantwortlich." Dabei warnt die heimische Stahlindustrie vor allem vor den indirekten Auswirkungen der US-Zölle. Österreich verkauft lediglich rund fünf Prozent seiner Stahl- und Aluminiumexporte in die USA.

Der überwiegende Teil werde nicht in dieser Qualität und Menge vor Ort hergestellt, erklärt Roman Stiftner, Geschäftsführer des Fachverbands für Bergwerke und Stahl. US-Abnehmer haben unmittelbar somit keinen inländischen Alternativen. Der Druck steigt eher auf dieser Seite des Atlantiks: Die EU hat bereits im Jahr 2017 rund 40 Millionen Tonnen mehr Stahl importiert, ein neuer Höhepunkt. "Experten schätzen, dass die Stahlimporte in die EU infolge der US-Strafzölle zumindest um ein Drittel steigen werden", sagt Stiftner im Gespräch mit dem STANDARD.

Die WTO unterscheidet hunderte Zolltarife für Metallwaren. Konkrete Anti-Dumping-Zölle werden daher äußerst limitiert eingesetzt und seien unwirksam, sagen Branchenvertreter.
Foto: AFP

Brüssel müsse dringend Schutzmaßnahmen für die Branche einleiten. Dabei gehe es nicht um Protektionismus, sondern die Abwehr von unfairem Handel durch subventionierte Produzenten. Unter WTO-Regeln darf man gegen Dumpingpreise mit Schutzzöllen vorgehen, während der Tatbestand geprüft wird. Die Kommission müsse schneller und entschiedener als bisher reagieren, sagt Stiftner.

Auch beim größten heimischen Stahlproduzent Voestalpine sorgt man sich eher wegen indirekter Folgen. "Faktum ist, dass maximal etwa drei Prozent des aktuellen Umsatzes von den US-Zöllen betroffen sein können", sagt Voest-Chef Wolfgang Eder. Sein Blick richtet sich in den Osten. Die EU müsse europäische Hersteller nun vor Dumpingstahl schützen. (Leopold Stefan, Stefan Brändle aus Paris, 2.6.2018)