Nun kann also Giuseppe Conte doch noch "Ministerpräsident der italienischen Republik" in seinen Lebenslauf schreiben – wahrhaftig und ungeschönt. Nach einer intensiven Woche beispielloser Vorstöße, Volten und Rückzieher wird nun der 53-jährige Rechtsprofessor doch eine rechtslastige populistische Regierung in die nächsten paar Wochen, Monate oder vielleicht sogar Jahre führen. So genau kann man das in Italien nie sagen.

Zunächst hatte Staatspräsident Sergio Mattarella noch sein Veto gegen den Eurogegner Paolo Savona als Wirtschaftsminister eingelegt – sein legitimes, von der Verfassung gegebenes Recht. Das war am vergangenen Sonntag. Nur knappe fünf Tage später akzeptierte er ihn im Europa-Ressort, wo dieser – so eine kühne Lesart – wohl weniger Schaden anrichten kann. Warum dieser Sinneswandel?

Nun, es ist gar keiner: Mattarella hat bloß zur Kenntnis genommen, dass es mit diesem Wahlergebnis keine "bessere" Regierung geben wird. Die Cinque Stelle von Luigi Di Maio und die Lega von Matteo Salvini vereinen immerhin die absolute Mehrheit der Wählerstimmen hinter sich. Die einzige Alternative ist zwar rechnerisch, aber nicht politisch möglich: Die Sozialdemokraten haben den Gang in die Opposition gewählt und niemals mitverhandelt.

Demokratisch ist diese bisher rechteste aller italienischen Regierungen einwandfrei legitimiert, auch wenn das vielen nicht schmeckt. Dass sie überhaupt möglich wurde, ist freilich kein Lapsus, der an einem verregneten Sonntag Anfang März einfach so passiert ist. Nein: Das Ergebnis ist die Antwort auf jahrzehntelange Missstände in der Politik jener ehemaligen Großparteien, die die Geschicke Italiens bisher oft mehr schlecht als recht gelenkt haben.

Und Europa? Es steht viel auf dem Spiel, vielleicht die Zukunft der Einheitswährung, vielleicht sogar jene der Union selbst. Doch ein kleines Signal der Lernbereitschaft und des Entgegenkommens Roms sollte zumindest zur Kenntnis genommen, wenn schon nicht gewürdigt werden: Sowohl Conte als auch Wirtschaftsminister Giovanni Tria und Außenminister Enzo Moavero Milanesi sind formal parteiunabhängig und echte Experten ihres Faches. Und sie gelten nicht als europafeindliche Bluthunde. Auch wenn Sorge und Skepsis angebracht sind: Sie haben das Recht zu beweisen, dass etwas dran ist an der Botschaft, die Salvini erst vor wenigen Tagen an Europa gerichtet hat: "Niemand muss sich vor unserer Regierung fürchten." (Gianluca Wallisch, 1.6.2018)