Augsburg – Die Schriftstellerin Thea Dorn beklagt einen Verfall der Debattenkultur in Deutschland durch immer mehr Übertreibungen und Aufgeregtheiten. "Ich halte es für fatal, wenn Debatten erst dann in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken, sobald sich Skandal darüberschreiben lässt", sagte Dorn der "Augsburger Allgemeinen" (Montag).

"Permanent fühlt sich irgendwer beleidigt", kritisierte die 47-Jährige. "Die fortschreitende Hysterisierung" sei ein "gewaltiges Problem" nicht nur in Deutschland. Als Beispiel nannte die Autorin die Debatte unter dem Schlagwort #MeToo: "Die Anhängerinnen der #MeToo-Bewegung verwischen die Unterschiede zwischen sexueller Gewalt und ärgerlichen Belästigungen." Und die Anhänger von Pegida seien bereit, "in jedem dunkelhäutigen Menschen einen Sozialschmarotzer, potenziellen Vergewaltiger oder Terroristen zu sehen".

"Die Angst vor dem Shitstorm ist das Ende einer seriösen Publizistik"

Dorn warnte die klassischen Medien davor, "der Lust am Krawall nachzugeben". Sie sollten stattdessen ihre Leser auch mit Informationen und Positionen konfrontieren, die diesen nicht in den Kram passen könnten: "Die Angst vor dem Shitstorm ist das Ende einer seriösen Publizistik."

Dorn verteidigte ihren Ruf nach mehr Patriotismus. Es gehe nicht um einen "Hurra-Patriotismus", sondern darum zu zeigen, dass es "in den meisten Fällen eine wohlfeile Selbsttäuschung ist, sich für ach so kosmopolitisch zu halten." Das freiheitlich-demokratisch verfasste Deutschland verdiene es, geliebt und gestärkt zu werden. Wenn es nicht mehr genügend Bürger gebe, die sich dafür einsetzen, werde es heikel. Neue rechte Bewegungen einerseits, aber auch "die politisch desinteressierten Lifestyle-Kosmopoliten" und die Anhänger der Willkommenskultur setzten den Zusammenhalt des Landes aufs Spiel. (APA/dpa, 3. 6. 2018)