Ein EU-Beamter, der sich vor drei Jahren in den Gängen einer Brüsseler Behörde verirrt hätte, wäre schockiert, wenn er nun wieder herausfände. Vielleicht nicht darüber, noch einmal das Tageslicht zu sehen. Ganz sicher aber über die politischen Entwicklungen.

Die Briten sind weg, die Solidarität scheint in den letzten Zügen zu liegen, und nicht nur rings um Österreich feiern Populisten mit "europakritischen" Parolen Siegeszüge. Auch wenn derzeit kaum jemand offen vom Austritt spricht – die Werte der Kooperation, des Vertrauens und der Gemeinschaft, auf denen die Union fußt, lehnen die meisten ab.

Die sofortige Sprengung steht der Gemeinschaft wohl trotzdem nicht ins Haus, zu groß ist ihr wirtschaftlicher Nutzen. Wohl aber droht ihr die Zombifizierung. Sie wäre dann eine andere EU, als politisch Untote nur noch auf wirtschaftliche Zweckmäßigkeiten ausgerichtet. Das wäre nicht die Gemeinschaft, die sich die Gründerväter erträumt hatten und die sie ins Leben riefen, um Frieden zu sichern. Es ist auch fraglich, wie lang ein solches Konstrukt hielte.

Das Problem ist: Das Dahinmodern ist bereits im Gange, und gerade davon profitieren die EU-Gegner. Wenn Brüssel schon jetzt nur als wirtschaftlicher Befehlsausgeber wahrgenommen wird, hilft das den Feinden der Union erst recht. Das zu ändern würde Einsicht der großen EU-Staaten und der "Nettozahler" brauchen. Etwa dass Partnerstaaten nicht mit strenger Hand erzogen werden können. (Manuel Escher, 4.6.2018)