Leroy Sané, Meister mit Manchester City und bester Jungprofi der Premier-League-Saison, kann einen längeren Urlaub planen.

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Eppan – Joachim Löw verzichtet bei der WM in Russland überraschend auf Offensivspieler Leroy Sané von Manchester City sowie auf Torhüter Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Innenverteidiger Jonathan Tah (Bayer Leverkusen) und Stürmer Nils Petersen (SC Freiburg). Der deutsche Bundestrainer strich dieses Quartett am Montag aus seinem vorläufigen Kader für das Unternehmen Titelverteidigung.

Mit acht Weltmeistern nach Russland

Das nun noch 23-köpfige Aufgebot wird angeführt von Kapitän Manuel Neuer, der die Kürzung nach seinem guten Comeback im Test gegen Österreich (1:2) wie erwartet überstand und als Nummer eins zur WM fährt. Neben Neuer vertraut Löw noch acht weiteren Weltmeistern von 2014. Der FC Bayern stellt mit sieben Spielern das größte Kontingent.

Löw bewahrte sich die große Überraschung für den Schluss auf. Den Traum von Leno, Tah und Petersen hatte er da bereits platzen lassen, das war noch nicht sonderlich brisant. Dann aber verkündete er, dass auch Sané, immerhin Stammspieler beim englischen Meister Manchester City und bester Jungprofi in der Premier-League-Saison, nicht mit zur WM darf.

Zielfotoentscheid

Als Löw den Namen des Jungstars ausgesprochen hatte, atmete er durch und nippte sichtlich angespannt an seinem Espresso. "Es gibt sicherlich deutlich schönere Tage im Leben eines Bundestrainers, wenn man vier so tolle Spieler nach Hause schicken muss", sagte er. "Die Enttäuschung bei den Betroffenen war sehr, sehr groß. Die Entscheidung war wahnsinnig knapp." Bei einem 100-m-Lauf "hätte man ein Zielfoto gebraucht".

Löw hat das überraschende WM-Aus für Sané mit dessen bislang meist schwachen Leistungen im DFB-Team begründet. "Leroy hat riesiges Talent, absolut. Er wird auch bald wieder dabei sein, ab September werden wir verstärkt mit ihm arbeiten. Aber er ist vielleicht in den Spielen der Nationalmannschaft noch nicht so ganz angekommen", sagte Löw am Montag im WM-Trainingslager in Eppan/Südtirol.

"Entscheidung war hart"

An Auftreten und Einstellung des Offensivspielers habe es nichts auszusetzen gegeben, beteuerte Löw: "Abseits des Platzes gab es gar nichts, wirklich. Leroy hat sich sehr korrekt und gut verhalten." Letztlich habe er auf der linken Offensivseite zwischen dem Leverkusener Julian Brandt und Sane wählen müssen. "Wir mussten uns entscheiden, weil der Kader ausgewogen sein muss. Die Entscheidung war hart", sagte Löw.

Dass Löw auf Petersen verzichtet, ist zumindest erstaunlich. Der Bundestrainer hatte den Freiburger, der im vorläufigen Kader den Vorzug vor dem inzwischen unter lautem Wehklagen zurückgetretenen Sandro Wagner (Bayern München) erhalten hatte, zuletzt sehr gelobt. Doch der Stürmer gab gegen Österreich ein schwaches Debüt – auch Sané erwischte nicht seinen besten Tag.

Das Aus für Jonathan Tah, der 2016 noch dem EM-Kader angehört hatte, war hingegen erwartet worden. Löw hatte den Leverkusener als Backup für den angeschlagenen Jerome Boateng in den vorläufigen Kader genommen, der Abwehrchef aber steht nach seiner Muskelverletzung bereit.

Trapp trotz weniger Einsätze dabei

Anstelle von Leno fährt Kevin Trapp als dritter Torhüter mit, obwohl der ehemalige Frankfurter bei Paris St. Germain als Nummer zwei in der abgelaufenen Saison nur zu 13 Pflichtspielen gekommen war.

Sollte sich vor dem WM-Auftakt der deutschen Mannschaft am 17. Juni (17 Uhr, ZDF, ORF 1) in Moskau gegen Mexiko noch ein Spieler verletzen, kann Löw bis 24 Stunden vor dem Anpfiff einen Ersatz berufen. Danach ist keine Veränderung des Kaders mehr möglich. In der Vorrunde trifft die DFB-Elf außerdem am 23. Juni (20 Uhr, ARD, ORF 1) in Sotschi auf Schweden und vier Tage später (16 Uhr, ZDF) in Kasan auf Südkorea. (sid, red, 4.6.2018)