Aus 100 Kilo Bananen können rund 30 bis 40 Liter Wein werden.

Foto: Lina Kröncke

4.000 Flaschen seines Bananenweins hat Yves Chikuru schon an seinem Stand am Naschmarkt verkauft.

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Die kleine Produktionsstätte in Leobendorf erfüllt ein angenehm süßer Geruch nach Karamell, es duftet nach Banane. Hier im Erdgeschoß eines Privathauses mit Blick ins Wiener Becken braut Yves Chikuru Bananenwein, den ersten Europas, wie er stolz erzählt: "Wenn man den langen Weg bedenkt, den die Bananen von Südamerika, Afrika oder Asien zurücklegen, ist es doch wirklich schade, wenn sie dann in Österreich erst recht im Müll landen, nur weil sie braune Punkte bekommen."

Dem wollte Chikuru entgegenwirken und erinnerte sich an eine alte Tradition aus seinem Heimatland Kongo, wo vollreife Bananen zu einem alkoholischen Getränk vergoren werden. Schon vor mehr als 20 Jahren hatte er mit seiner Frau einen ersten Versuch gewagt und für die Hochzeit von Freunden ein paar Liter hergestellt. Als das Thema Lebensmittelverschwendung in aller Munde war, begann er zu recherchieren. Rund 25.000 Tonnen braune Bananen werden jedes Jahr weggeworfen, schätzt Chikuru. Dabei eignen sich genau diese hervorragend für die Alkoholproduktion, weil sie so viel Zucker enthalten.

"Erschaffen statt verschwenden"

Mehr als 1.000 Bananensorten gibt es weltweit, die meisten davon allerdings mit eher lokaler Bedeutung. In Österreich kommen ungefähr 15 Sorten auf den Markt, deswegen ist es für Chikuru schwierig vorherzusehen, wie sich die Batches geschmacklich entwickeln.

"Bei der Reifung der Banane kommt es zum Abbau der Zellstruktur und zur Umwandlung der in der Frucht enthaltenen Stärke in Zucker. Die Banane wird weich und schmeckt süßer", erklärt Henry Jäger, stellvertretender Leiter des Instituts für Lebensmitteltechnologie der Wiener Universität für Bodenkultur.

Um größere Mengen herstellen zu können, hat sich Yves Chikuru mit einem Obstgroßhändler am Grünen Markt zusammengetan: "Statt sie wegzuschmeißen, kaufen wir die braunen Bananen auf und machen etwas Neues daraus. Deswegen heißt unser Projekt 'Erschaffen statt verschwenden'." Immer wenn es einen Überschuss an Bananen gibt oder zu reife Ware retourniert wird, bekommt Chikuru einen Anruf, um rund 50 Cent pro Kilo wechseln die Früchte den Besitzer.

Lebensstandards verbessern

Es geht Chikuru aber nicht nur um weniger Lebensmittelverschwendung, sondern auch um bessere Lebensbedingungen der Bauern, denn aktuell bekämen die meisten maximal zehn Cent pro Kilo Bananen. "Das habe ich damals auch im Kongo zu spüren bekommen, als mein Vater noch Kaffee angebaut hat. Die Hauptabnehmer zu der Zeit waren die Belgier. Wenn sich der Kaffee in Europa nicht gut verkauft hat, wurden auch unsere Preise gedrückt", sagt er. Wenn aber die Händler mehr einnehmen, weil weniger Bananen im Müll landen, könne man den Bauern mehr zahlen und damit Lebensstandards verbessern.

Für die Produktion werden die Bananen zunächst geschält und dann durch eine Quetsche püriert. Nach einigen Stunden setzt sich eine trübe Flüssigkeit vom Bananenmark ab, die abgepumpt wird. Mit einem Refraktometer misst Chikuru den Zuckergehalt: "20 Grad Brix. Ausgezeichnet, das bedeutet, wir werden mit dem Alkoholgehalt fast an einen Weißwein aus Trauben herankommen."

Gärung im Stahltank

Wie bei Traubenwein wird jetzt Hefe zugesetzt, die dann den Zucker in Ethanol und CO2 umwandelt. Nach einigen Wochen Rast in großen Gärbehältern aus Stahl ist das Getränk fast fertig. Vor der Abfüllung wird mit Sulfit geschwefelt, um die Haltbarkeit zu verlängern, und die trübe Flüssigkeit gefiltert. Aus 100 Kilo Bananen können rund 30 bis 40 Liter Wein werden, je nach Sorte und Dichte.

Chikuru meint, es sei schwer zu sagen, wie der Bananenwein schmeckt. Kunden würden ihn oft mit Dessertwein, Beerenauslese oder Sherry vergleichen. "Er ist nicht mit Weißwein zu vergleichen. Er hat sein eigenes Aroma, seinen eigenen Nachgeschmack, eher süß und mit fruchtiger Note im Abgang."

Temporärer Stand am Naschmarkt

4.000 Flaschen Wein um 9,50 Euro das Stück hat Chikuru schon an seinem temporären Stand am Wiener Naschmarkt verkauft und damit rund 30 Tonnen Bananen verarbeitet. Seit einigen Monaten produziert er auch Ananaswein, Mangolikör und Essige aus Bananen und Ananas, allesamt aus reifen, unverkäuflichen Früchten.

Auch Einzelhandelsketten unternehmen erste Rettungsversuche der braunen Bananen. In den Denn's-Biomärkten können Kunden seit einiger Zeit beobachten, wie die gebräunten Bananen in die benachbarte Obstkiste mit der Aufschrift "vollreif" wandern und zum Preis von 1,49 Euro pro Kilo etwas günstiger abgegeben werden als die gelb-grünen. Dadurch konnte man den Lebensmittelabfall dieser Sorte um rund 20 Prozent verringern, heißt es von der Pressestelle. (Nikolai Atefie, 8.6.2018)