Bei Forderungsausfällen ist Kika/Leiner nicht mehr über den Mutterkonzern Steinhoff versichert.

Foto: Leiner

Wien – Dass Kika/Leiner in Österreich weiterhin Bestand haben wird, daran bestehen für Firmenchef Gunnar George keine Zweifel. Doch wie diese Zukunft aussehen kann, bleibt vorerst noch abzuwarten. Fest steht eines: Die Lage ist prekär. Am Freitag haben die Kreditversicherer der Steinhoff-Gruppe – der Konzernmutter von Kika/Leiner – beschlossen, weltweit keine Forderungsausfälle für Lieferanten mehr abzusichern. der Standard berichtete exklusiv.

Als wäre der Wegfall der Kreditversicherer im Möbelgeschäft nicht bereits schlimm genug, herrscht offenbar Uneinigkeit über den Status quo. Laut Steinhoff International stiegen die Kreditversicherer einzig aus den Kika/Leiner-Geschäften aus, nicht aus jenen der ganzen Unternehmensgruppe. Bei George stößt diese Aussage im Gespräch mit dem Standard auf Unverständnis: "Niemand wollte von uns Zahlen sehen, niemand hat mit uns gesprochen. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt." Ihm liege die Information vor, dass sich die Kreditversicherer aus allen Geschäften zurückgezogen haben. Außerdem läge Kika/Leiner im Restrukturierungsprozess voll auf Kurs und erfülle alle Ziele.

Einwöchige Schonfrist

Es wird eine richtungsweisende Woche für George und die rund 5000 Mitarbeiter hierzulande. Der Möbelhändler hat von den Lieferanten eine Woche Zeit bekommen, um eine Lösung zu finden – bis dahin machen alle "business as usual". Es gilt in dieser Woche also einen neuen Versicherer oder frisches Geld aufzutreiben. Bisher seien über 90 Prozent der Lieferanten bei einer Kreditversicherung abgedeckt gewesen, mit ihr versuche man zu verhandeln. Auch Zweit- oder Drittversicherer wären denkbar, so George. Keine einfache Situation, auch dahingehend, dass die Möbelbranche trotz Hochkonjunktur stagniert.

Mittelfristig bleibt Produzenten ohne Kreditversicherer wohl wenig anderes übrig, als auf Vorauskasse umzustellen. Welche Auswirkungen das auf die Liquidität habe, ließe sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, meint George. Gespräche über einen Verkauf gebe es momentan keine. "Als 100-prozentige Tochter ist es schwierig, sich selbst zu verkaufen. Das muss die Konzernspitze machen", sagt George. Er versicherte, dass sich niemand um seinen Job sorgen müsse.

Schreckgespenst Insolvenz

Bei aller Zuversicht der Geschäftsführung baumelt das Schreckgespenst Insolvenz dennoch wie ein Damoklesschwert über Kika/Leiner. "Die Lage ist sehr ernst und auch für uns sehr überraschend gekommen, dennoch bin ich vorsichtig zuversichtlich", sagt Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte beim Gläubigerschutzverband KSV1870. Kantner erwartet in den kommenden zwei Wochen eine Entscheidung, diese müsse auch in Anbetracht der anstehenden Urlaubsgelder fallen. Eine Insolvenz wäre für ihn kein Weltuntergang: "Ich bezeichne eine Insolvenz gerne als Boxenstopp, sie verschafft die nötige Zeit und Atempause, um zu reagieren." Außerdem seien während eines Insolvenzverfahrens Warenlieferungen der bevorzugte Modus Operandi – vorausgesetzt, das Unternehmen wirtschaftet positiv.

Skandalserie

Somit verging nur rund ein halbes Jahr seit dem letzten Aufreger. Im Dezember 2017 erschütterte ein Bilanzskandal die Steinhoff-Gruppe schwer. Aktien stürzten teilweise um 90 Prozent ab. Der zweitgrößte Möbelhersteller nach Ikea blickte damals auf rund zehn Milliarden Euro Schulden. Das Gutachten vom Wirtschaftsprüfer PwC sowie testierte Bilanzen stehen immer noch aus. Das Fehlen dieser Dokumente vereinfacht die anstehenden Verhandlungen wohl nicht unbedingt. (Andreas Danzer, 4.6.2018)