Die Zahl der Passagiere dürfte 2018 laut IATA weltweit um 6,5 Prozent auf 4,36 Milliarden steigen, der Umsatz soll um fast elf Prozent auf 834 Mrd. Dollar zulegen.

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Sydney/Frankfurt – Trotz ungebrochener Nachfrage der Passagiere müssen sich Fluggesellschaften weltweit auf wieder sinkende Gewinne einstellen. Die Fluggäste dürften das bei den Preisen zu spüren bekommen. Höhere Kosten für Kerosin und Personal werden nach Einschätzung des Airline-Verbands IATA Flugreisen verteuern und gleichzeitig die Gewinne der Airlines schmälern.

Die Gesellschaften kämen voraussichtlich nicht umhin, einen Teil der Kostensteigerungen an ihre Kunden weiterzureichen, sagte IATA-Generaldirektor Alexandre de Juniac am Montag auf der Branchentagung im australischen Sydney.

Stärkere Auslastung

Die AUA-Mutter Lufthansa könnte von dem globalen Trend nicht so stark getroffen werden, ließ der Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr erkennen. Er rechne in den kommenden Monaten mit steigenden Ticketerlösen, sagte er am Rande der Veranstaltung. Unter anderem begrenzen Probleme des Konkurrenten Air France das Wachstum des Angebots, so dass er für Lufthansa einen Rekordsommer mit sehr hoher Auslastung erwarte. Die Lufthansa rechnet heuer mit einem sinkenden operativen Ergebnis. Spohr peilt aber im Sommer neue Bestmarken bei den Flugbuchungen an. "Wir erwarten sogar, die Rekordzahlen aus dem Sommer 2017 zu übertreffen,

Auch die Lufthansa hatte ihre Wachstumspläne für 2018 zusammengestrichen, weil sich die Auslieferung neuer Flugzeuge wie dem Airbus A320neo oder der C-Serie von Bombardier verzögert. Wegen der ungebrochenen Nachfrage nach Flugreisen führt das zu einer stärkeren Auslastung des verbliebenen Angebots mit höheren Durchschnittserlösen.

Gewinnanstieg

Die IATA hat ihre globale Gewinnerwartung für die Branche auf 33,8 Mrd. US-Dollar (rund 29 Mrd Euro) zurückgeschraubt. Die Fluggesellschaften in aller Welt dürften damit heuer um elf Prozent hinter dem Spitzenwert von 38 Mrd. Dollar aus dem Vorjahr zurückbleiben. Noch im Dezember war die IATA von einer Steigerung auf 38,4 Mrd. Dollar ausgegangen. 2017 hatten einige der Airlines von steuerlichen Einmaleffekten profitiert.

Für Europa mit Gesellschaften wie Lufthansa, Air France-KLM, der British-Airways-Mutter IAG und dem Billigflieger Ryanair rechnet der Verband jetzt im Jahresvergleich mit einem Gewinnanstieg von 8,1 auf 8,6 Mrd. Dollar. Bisher sollte es jedoch deutlich stärker auf 11,5 Mrd. Dollar nach oben gehen.

Pleiten stärken andere Anbieter

Einige Airlines in Europa kämen im laufenden Geschäft bereits auf eine ähnlich gute Gewinnentwicklung wie ihre Rivalen auf der anderen Seite des Atlantiks, schreibt der Verband. Die für 2018 erwartete Gewinnspanne europäischer Airlines im laufenden Geschäft (Ebit-Marge) liegt mit 6,4 Prozent aber noch deutlich hinter den 9,9 Prozent nordamerikanischer Airlines zurück. Der Lufthansa-Konzern hat schon 2017 eine Ebit-Marge von 9,3 Prozent erreicht.

Im Vorjahr hatten die Pleiten von Fluggesellschaften wie der deutschen Air Berlin und der britischen Monarch die Branche durchgeschüttelt und verbliebene Anbieter gestärkt. Ein herber Tarifkonflikt mit ausgedehnten Streiks bei Air France, in dessen Folge der langjährige Konzernchef Jean-Marc Janaillac seinen Hut nahm, hält einen der europäischen Branchenriesen allerdings unter Druck: Air France verdient pro Ticket deutlich weniger als ihre niederländische Konzernschwester KLM.

Ungebrochene Nachfrage

Die IATA führt als wichtigste Gründe für ihre pessimistischere Gewinnprognose höhere Treibstoffpreise und höhere Kosten für die Beschäftigten an. So werde der Ölpreis von 54,9 Dollar je Fass im Vorjahr auf im Schnitt voraussichtlich 70 Dollar im Jahr 2018 steigen. Bisher war der Verband nur von einem Anstieg auf 60 Dollar ausgegangen.

Die Nachfrage nach Flugtickets scheint unterdessen ungebrochen. Die Zahl der Passagiere dürfte 2018 laut IATA weltweit um 6,5 Prozent auf 4,36 Milliarden steigen, der Umsatz soll um fast 11 Prozent auf 834 Mrd. Dollar zulegen. Allerdings dürften die Stückkosten stärker steigen als die Stückerlöse. Dies zehrt an den Gewinnen.

Weitere Zusammenschlüsse

De Juniac warnte vor einem Handelsstreit. "Wir haben bis jetzt keinen nennenswerten Rückgang der Passagierzahlen oder Fracht im Zusammenhang mit Handelskriegen oder Abschottungsbarrieren erlebt", sagte er. "Aber wenn es so weitergeht, wird es dazu kommen." US-Präsident Donald Trump löste mit Zöllen gegen China, die Europäische Union (EU) und andere Wirtschaftsräume Sorgen vor einer Eskalation im Handelsstreit aus.

Wegen des steigenden Drucks auf die Airlines durch die höheren Kerosinkosten erwarten viele Experten den Abbau von Kapazitäten oder weitere Zusammenschlüsse. Lufthansa-Chef Spohr machte deutlich, nach den jüngsten Übernahmen sei die deutsche Nummer eins nicht zu sehr an weiteren Zukäufen interessiert. Allerdings behalte der Konzern die Branche im Blick und wolle Gelegenheiten ergreifen, wenn sie sich böten. Auf die Frage nach einem Interesse der Lufthansa am norwegischen Billigflieger Norwegian Air sagte Spohr: "Jeder spricht zurzeit mit jedem. Wir leben auf einem kleinen Kontinent."

Auch der ungarische Billigflieger Wizz Air rechnet mit einer Konsolidierung und sieht sich dabei in aktiver Rolle. Firmenchef Jozsef Varadi sagte zu Reuters, Wizz Air werde in zehn Jahren in den Kreis der Top Fünf Airlines in Europa aufsteigen. (APA, dpa, 4.6.2018)