Vor einigen Tagen berichteten die Medien über einen bizarren Vorfall bei einem Korruptionsverfahren gegen den rumänischen Ex-Finanzminister Sebastian Vladescu in Bukarest. Der 60-jährige Finanzexperte hatte hohe Positionen in der Verwaltung und im Bankwesen bekleidet. So war er auch Finanzminister im Jahr 2006 bei der Vergabe eines 800-Millionen-Euro-Auftrags an ein internationales Konsortium zur Sanierung einer 225 Kilometer langen Bahnstrecke von Bukarest nach Constanta.

Die Antikorruptionsbehörde DNA beschuldigt Vladescu und zwei andere frühere Spitzenbeamte, Schmiergeld angenommen zu haben. Um auf freiem Fuß bleiben zu können, musste er eine Kaution von einer Million Euro hinterlegen. Was sogar international besonderes Aufsehen erregte, war die Tatsache, dass der Ex-Minister neben Garantien über Bankeinlagen und Immobilien zur Deckung der Bürgschaft sogar drei Kilogramm schwere Goldbarren ins Gericht gebracht hatte.

Dieser symbolträchtige Fall zeigt die Bedeutung und die Erfolge der DNA unter der Leitung ihrer mutigen Chefin, der 44-jährigen Laura Codruta Kövesi. Seitdem die ehemalige Generalstaatsanwältin die DNA leitet, die als Bedingung für den EU-Beitritt des Landes (2007) eingerichtet wurde, konnten die rumänischen Ermittler in Osteuropa fast beispiellose, spektakuläre Erfolge aufweisen. Die Staatsanwälte der Behörde brachten seit 2013 zwei ehemalige Ministerpräsidenten, zwei Vizepremiers, elf amtierende und ehemalige Minister, 50 Abgeordnete und zahlreiche Bürgermeister vor Gericht ("Die Zeit", 30. 5. 2018). In der Zeit Kövesis, also in fünf Jahren, wurden insgesamt zwei Milliarden Euro aus Bestechungsfällen beschlagnahmt. Die meisten, aber keinesfalls alle bekannten Angeklagten gehören zu der sich selbst sozialdemokratisch nennenden großen Regierungspartei PSD. Diese versucht seit ihrem Wahlsieg Ende 2016 (bei einer Wahlbeteiligung von bloß 39 Prozent), die Justiz unter Kontrolle zu bringen, das Strafrecht bei der Verfolgung von Korruptionsvergehen zu entschärfen und die Entmachtung der in der EU als Vorbild betrachteten unabhängigen DNA durchzusetzen.

Die von der PSD-Regierung betriebene Entlassung der resoluten Laura Kövesi sollte noch rechtzeitig vor der ersten Übernahme der EU-Präsidentschaft Anfang 2019 durch Rumänien die Wende bei der Verfolgung von Korruptionsdelikten und zugleich im Dauerkonflikt um die Zukunft des mächtigen PSD-Chefs Liviu Dragnea bedeuten. Gegen Dragnea, der aufgrund einer zur Bewährung ausgesetzten Vorstrafe wegen Wahlbetrugs nicht Ministerpräsident werden darf, droht in einem anderen Strafverfahren eine Haftstrafe.

Staatspräsident Klaus Johannis muss nun infolge der Anordnung des Verfassungsgerichts die von ihm zuerst abgelehnte Entlassung der Leiterin der Antikorruptionsbehörde durchführen. Die Hexenjagd gegen das international bewunderte Symbol des Kampfes gegen Korruption schadet dem Image Rumäniens. Die Spannungen zwischen dem Präsidenten (Ex-Chef der Nationalliberalen) und der PSD-Regierung um die Zukunft der Unabhängigkeit der Justiz dürften demnächst einen neuen Höhepunkt erreichen. (Paul Lendvai, 4.6.2018)