Wie über das Darknet auch der ländliche Raum mit Drogen geschwemmt wird, hat Robert Taferner vom Bundeskriminalamt bei der Tagung des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) am Montag unter anderem erläutert. Im Gespräch mit der APA schilderte der Experte, wie durch diesen Onlinehandel auch unbedarfte "Neueinsteiger" oft schwerste Tatbestände in der Drogenkriminalität setzen.

"Auch sind die böhmischen, also synthetischen Küchen nicht so etabliert."

Die Suchtmittelkriminalität im Darknet ist seit 2011, als sich der erste große Marktplatz etabliert hat, mittlerweile auch in hierzulande ein fester Bestandteil. Österreich ist vom Online-Suchtmittelhandel jedenfalls extrem stark betroffen. "Im internationalen Vergleich sind wir unter den Top drei. Wir hatten einige Großsicherstellungen auf einem internationalen Flughafen im Ausland, wo 86 Nationen betroffen waren und Österreich von der Anzahl der Empfänger her auf Platz zwei hinter den USA war. Wir sehen das schon seit einigen Jahren, bei jeder größeren internationalen Amtshandlung ist USA, Deutschland, Österreich die Reihenfolge", man spreche hier von der Menge, nicht von Prozent. Eine mögliche Erklärung ist, dass Österreich ein Binnenland, aber kein Produktions- und Herstellerland ist. "Auch sind die böhmischen, also synthetischen Küchen nicht so etabliert. Das könnte eine Erklärung sein, dass es am normalen Weg nicht so einfach funktioniert wie in anderen Ländern.

"Man hat keine ausgeklügelte Schmuggelroute mehr, man braucht keine Vertrauensperson mehr, keinen Informanten, sondern kann direkt bei der Quelle im Herstellerland Kontakt aufnehmen", schilderte der Experte die neuen Möglichkeiten. Diese unterscheiden sich immens von der Drogenkriminalität auf der Straße, wo man normalerweise 150 Gramm einer Substanz – abgesehen von Cannabis – nicht einfach so erwerben könne. Im Darknet könne man hingegen ein Viertelkilogramm Amphetamin einfach per Mausklick bestellen, "und bekommt das als unbedarfter Nicht-Krimineller nach Hause geliefert. In einem ländlichen Gebiet sei man mit einer derartigen Menge oder 500 Stück Ecstasy "sehr gut dabei, und das verkauft sich ja irrsinnig gut", erläutert der Kriminalbeamte.

Linz oder Graz nach Wien

So seien Fahrten von Linz oder Graz nach Wien nicht mehr notwendig, "das fehlt jetzt weg, weil es direkt unvorstellbare Mengen online gibt." Zusätzlich entfalle der Kontakt mit anderen Kriminellen, wodurch die Drogendelikte sich nun durch alle Schichten ziehen, vom klassischen Drogenhändler, der immer schon Suchtmittel verkauft hat und das Darknet einfach dazu entdeckt hat, bis zum "Neueinsteiger", der durch die Konstanten großen Mengen, die da vorhanden sind, sofort in die Schwerstkriminalität driftet, ohne dass ihm das wirklich bewusst ist. "Die sind dann ganz überrumpelt, wenn dann die Polizei bei ihnen vorbei kommt und realisieren dann frühestens in der U-Haft, in was sie sich da reinbegeben haben", so Taferner. Nämlich in schwerste Tatbestände der Drogenkriminalität, weil Grenzwerte da mehrfach überschritten wurden.

Zwischen Straßen- und Onlinehandel wird es zudem immer schwieriger zu trennen, denn nach der intensiven Beschäftigung in den vergangenen Jahren gebe es die klare Erkenntnis, das der Onlinehandel direkt den Straßenhandel beeinflusst und beides miteinander verschmilzt. Die Sicherstellungszahlen sind laut Taferner immens hoch, vor allem die Postsendung, die Suchtmittel beinhalten. Da hat man mittlerweile festgestellt, dass es ausschließlich Bestellungen aus dem Darknet sind und die Quantität ist signifikant steigend: "Wir haben da in der Regel 100, 150 bis zu 200 Gramm in kurzen Abständen an dieselben Empfänger, und das sind dann natürlich Mengen, die nicht für den Eigenbedarf gedacht sind, sondern direkt am Straßenhandel verkauft wird."

In Österreich ergebe sich das Phänomen, dass selbst in ganz ländlichen Regionen große Mengen an Suchtmittel durch den Onlinehandel verfügbar gemacht werden und so Drogenszenen entstehen, wo vorher keine waren. "Einer bestellt online und dann wandert das Suchtgift direkt in den Straßenhandel. Das dann auseinanderzudividieren, sei schwer bis schlicht unmöglich, denn "spätestens der zweite Subhändler oder Abnehmer weiß ja gar nicht mehr, woher das ursprünglich herkommt." (APA, 4.6. 2018)