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Foto: AP Photo/RIA-Novosti, Alexei Nikolsky, Presidential Press Service

Wladimir Putin fühlt sich bekanntlich wohl in Österreich. Ob privat oder offiziell: Bis auf einige verstreute Demonstranten und Kritiker sind die Österreicher dem Skitouristen wie dem Politiker Putin zuvorkommend begegnet. Auch vor dem Besuch am Dienstag hört man aus Politik und Wirtschaft fast nur Lobeshymnen. Österreich steht in Russland auch als eines derjenigen EU-Länder, das die EU-Sanktionen zumindest infrage stellt, hoch im Ansehen – und das nicht erst unter der aktuellen "Brückenbauer-Regierung".

Damit sich der autokratische Präsident auch diesmal wirklich willkommen fühlt, schlug Vizekanzler Heinz-Christian Strache – als FPÖ-Chef kann er schließlich einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland vorweisen – in die gleiche Kerbe und forderte abermals lautstark ein Ende der "leidigen Sanktionen gegen Russland".

Tatsächlich ist Österreich nicht das einzige Land, in dem Stimmen für die Aufhebung der alle sechs Monate zu verlängernden Sanktionen laut werden. Neben den üblichen Verdächtigen Ungarn, Italien oder Spanien wird neuerdings auch in Deutschland oder Frankreich zumindest rege darüber gestritten. Das Argument der Kritiker: Die Maßnahmen, die als Antwort auf die völkerrechtswidrige russische Aggression in der Ukraine 2014 einstimmig von den EU-Ländern beschlossen wurden, würden der Wirtschaft in der EU schaden und seien außerdem wirkungslos. Denn Russland habe seine Politik gegenüber der Ukraine nicht geändert.

Doch diese Behauptung ist grundlegend falsch. Es gibt keine glaubwürdige Alternative zur Aufrechterhaltung der Sanktionen, zumindest keine diplomatischen. Die Sanktionen haben erst den Minsker Dialog mit der russischen Führung über Deeskalation und Befriedung in der Ukraine ermöglicht. Und sie haben ein Entgleisen des Donbass-Konflikts verhindert und – von zentraler Bedeutung – ein Zeichen dafür gesetzt, dass Russlands Expansionsgelüste nicht unbeantwortet bleiben.

Provokation als Ziel

Zur Erinnerung: Russland und sein "Zar" Putin stehen für aggressive Expansionspolitik, man nennt die ehemaligen Sowjetrepubliken – zu denen die EU-Mitglieder des Baltikums gehören – bedrohlich "nahes Ausland" und greift immer wieder in die Innenpolitik anderer Staaten ein. Auch in Wahlkämpfen im Westen soll der Kreml mithilfe von "Trollfabriken" kräftig und unter Wahrung eigener Interessen mitgemischt haben.

Eine Spaltung innerhalb der EU liegt in Putins ureigenem Interesse. Provokation ist sein Ziel. Eine uneinige Europäische Union ist für ihn eine äußerst erfreuliche Nachricht. Nicht umsonst unterhält Russland enge Kontakte zu rechts-, aber auch linkspopulistischen Parteien in Europa, die die Ziele der europäischen Integration infrage stellen.

Das EU-Mitgliedsland Österreich muss sich also genau überlegen, welche Signale es beim Besuch Putins aussendet. Als Vorkämpfer gegen die Sanktionen wahrgenommen zu werden wäre eindeutig das Falsche. Vielmehr hat Österreich als nächstes EU-Vorsitzland die Verantwortung, Grenzen abzustecken und die Position der Union deutlich zu machen, die da lautet: Wir haben Sanktionen erlassen, deren Ende an Bedingungen geknüpft ist. Ohne Gegenleistung kann es keine Aufhebung geben. Das sollte die Botschaft an Putin in Wien sein – auch vom Vizekanzler. (Manuela Honsig-Erlenburg, 4.6.2018)