Oleg Deripaska will seinen Anteil an Rusal auf 40 Prozent senken. Es wäre den Sanktionen geschuldet.

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Moskau – Die Aktien von En+ haben am Montag an der Moskauer Börse einen Freudensprung gemacht: Mit einem Aufschlag von mehr als vier Prozent reagierten die Händler auf die Nachricht vom Abgang Maxim Sokows als Präsident der Investmentholding. Angesichts der Talfahrt der letzten Monate ist das für Aktionäre nur ein schwacher Trost, aber womöglich ein Zeichen, dass es in die richtige Richtung geht. Die Erneuerung des Vorstands bei der Holding, mit der Oligarch Oleg Deripaska sein wichtigstes Aktiv, den Aluminiumproduzenten Rusal, kontrolliert, ist eine der Forderungen der US-Regierung, um die Sanktionen gegen den Konzern aufzuheben.

Auch der wichtigeren Forderung nach einer Aufgabe der Kontrolle an Rusal kommt Deripaska näher: Einem Zeitungsbericht zufolge hat der 50-Jährige die Investmentbank Rothschild angeheuert, um einen Käufer für ein Aktienpaket von En+ zu finden. Deripaska will seine Anteile an der Holding von 66 auf rund 40 Prozent senken, dem Vernehmen nach wäre Washington mit dieser Lösung einverstanden.

Auf der schwarzen Liste

Im April hat das US-Finanzministerium Deripaska und sein gesamtes Firmenimperium auf die schwarze Liste gesetzt. Besonders schwerwiegend waren die Folgen für Rusal, den zweitgrößte Aluminiumproduzenten der Welt. Ende April musste der Konzern den Export teilweise einstellen – der Alupreis an den Rohstoffbörsen stieg in die Höhe. Inzwischen hat die US-Regierung die Sanktionen aufgeweicht und den Zeitpunkt für die Beendigung von Kredit- und Handelsbeziehungen mit Rusal zweimal verschoben. Trotzdem hängen die Sanktionen wie ein Damoklesschwert über dem Konzern. Eine völlige Aufhebung der Sanktionen winkt Rusal nur, wenn Deripaska sich als Mehrheitseigner verabschiedet.

Einen entsprechenden Plan zur Umsetzung der Vorgaben hat der als unabhängiger Direktor im En+-Vorstand sitzende Gregroy Barker ausgearbeitet. Als Plan B hat Rusal zudem noch die Umregistrierung von der Insel Jersey auf die Insel Russki vor Wladiwostok in der Schublade. Zudem hat Deripaska die russische Regierung schon um Stützmaßnahmen gebeten. Um dem "armen" Oligarchen unter die Arme zu greifen, könnten vielen einfachen Russen in Sibirien die Strompreise erhöht werden.

Fährt Wolf auf Gaz ab?

Rusal ist nicht das einzige Aktiv, von dem sich Deripaska lösen will, um den Sanktionen zu entgehen. Auch die Automobilsparte, auf deren Entwicklung sich der Oligarch zuletzt eigentlich fokussieren wollte, steht zur Disposition: So sollen Verhandlungen über einen Verkauf von Aktien des Automobilbauers Gaz laufen. Derzeit besitzt Deripaska über die Maschinenbau-Holding "Russian Machines" 65,56 Prozent der Aktien an Gaz. Die Börsenkapitalisierung des Unternehmens liegt bei etwas mehr als 100 Millionen Euro. Als möglicher Käufer gilt unter anderem Siegfried Wolf. Der 59-Jährige war am Montag für einen Kommentar nicht zu erreichen.

Wolf ist bereits Minderheitsaktionär bei Russian Machines. Als Präsident von Gaz hat er maßgeblichen Anteil am Aufschwung der einstigen Wolga-Schmiede, die inzwischen als Produzent von Kleintransportern erfolgreich ist und laut Wolf 2017 "das erfolgreichste Jahr in der Konzerngeschichte" verbuchen konnte.

Hoffnung für Kooperation

Wolf, der 2007 von Magna zu Gaz wechselte, hat zur Modernisierung der Produktion zahlreiche europäische Zulieferer gewonnen. Auch mit VW ist Gaz inzwischen eng verzahnt, unter anderem montieren die Russen mehrere Skoda-Modelle für VW.

Die US-Sanktionen bedrohten die Kooperationen stark. Die Anteilsübernahme durch Wolf könnte einiges von den Ergebnissen seiner Arbeit retten. Sollten die USA dem Deal zustimmen, sehe die Zukunft für Gaz günstig aus, meinen Analysten. (André Ballin aus Moskau, 5.6.2018)