Richard Grenell machte sich in Deutschland bisher eher unbeliebt. Kanzler Kurz spendierte er hingegen Lob.

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Berlin/Wien – Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hält den neuen US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, für untragbar und setzt auf dessen baldige Ablösung. "Was dieser Mann macht, ist einmalig in der internationalen Diplomatie", sagte Schulz. Statt neutral dem Gastland gegenüber zu sein, agiere er wie der Vertreter einer politischen Bewegung. Schon zuvor hatte der ehemalige deutsche Kanzlerkandidat der dpa gesagt, dass sich Grenell benehme wie ein "rechtsextremer Kolonialoffizier".

Zunächst hatte Grenell in einem Interview zur Stärkung konservativer und populistischer Kräfte in Europa aufgerufen, dann sorgte sein mit Bundeskanzler Sebastian Kurz geplantes Treffen für Irritationen: Grenell richtet am 13. Juni ein Mittagessen für den ÖVP-Chef aus.

Kurz-Besuch soll zu "Kurz-Aufenthalt" führen

"Ich hoffe, dass der Kurz-Besuch zu einem Kurz-Aufenthalt von Herrn Grenell in seiner Funktion als Botschafter in Deutschland führt", sagte Schulz. Kurz gilt als Kritiker der Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und hatte ohne Merkel Initiativen in Gang gesetzt, um die Balkanroute zu schließen. Grenell nannte Kurz einen "Rockstar" der europäischen Politik.

Der Merkel als SPD-Kanzlerkandidat unterlegene Schulz nannte das geplante Treffen und die Aussagen Grenells einen "ungeheuerlichen Vorgang". "Wenn der Deutsche Botschafter in Washington sagen würde, ich bin hier, um die Demokraten zu stärken, dann würde er sofort rausgeschmissen", sagte der frühere Präsident des Europaparlaments.

Aufklärung über "Breitbart"-Interview

Die deutsche Regierung fordert von Grenell Aufklärung über das Interview, das er der weit rechts stehenden Plattform "Breitbart" gegeben hat. "Ich denke, die Wahl von Donald Trump hat die Menschen befähigt zu sagen, dass sie es einfach nicht zulassen können, dass die politische Klasse (in Europa) vor einer Wahl entscheidet, wer diese gewinnt und wer kandidiert", sagte er dort. Er wolle "andere Konservative in ganz Europa stärken".

Außenminister Heiko Maas hat sich irritiert über die Aussagen gezeigt. "Ich habe diese Äußerungen natürlich zur Kenntnis genommen, auch die Kritik, die es dazu gegeben hat", sagte Maas nach einem Treffen mit seinem ungarischen Kollegen am Dienstag in Berlin. Es sei gut, dass Grenell am Mittwoch seinen Antrittsbesuch bei Außen-Staatssekretär Andreas Michaelis absolviere. "Es wird sicherlich einiges zu besprechen geben", erklärte Maas. Als sein ungarischer Kollege in der Pressekonferenz verständnislos auf den Namen Grenell reagierte, konnte sich der Minister einen Seitenhieb nicht verkneifen. Sein Gast wisse nicht, worum es gehe, "was im übrigen die Bedeutung des Vorganges auch etwas beschreibt", sagte Maas. Merkel wollte sich auf Nachfrage nicht zu Grenell äußern. (APA, 5.6.2018)