Männer, die Stress im Job und damit einen erhöhten Cortisolspiegel haben, erleiden häufiger Herzinfarkte und Schlaganfälle – sie verkürzen die Lebenszeit.

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Eine der schwierigsten Aufgaben von evidenzbasierter Medizin ist, Bezüge zwischen Lebensstil und Erkrankungen darzustellen. Das hat drei Gründe: Die Dokumentation des Lebensstils, so wie es die strengen Prinzipien der Studien erfordern, ist nahezu unmöglich. Teilnehmer einer Studie müssten sämtliche Nahrungsmittel, Gewohnheiten und "Sünden" fein säuberlich dokumentieren, was im Alltag und über einen langen Zeitraum hinweg nicht möglich ist.

Zum anderen ist der Mensch keine uniforme Maschine, Organismen unterscheiden sich in vielen Details voneinander. Das macht eindeutige Ursache-Wirkung-Aussagen ebenfalls schwer möglich. Eine dritte Hürde: Lebensstilfaktoren wirken sich oft erst über sehr lange Zeitspannen aus, auch das ist eine Herausforderung für die Forscher.

Von Zeit zu Zeit gibt es jedoch Studienergebnisse, die schon aufgrund der Teilnehmerzahl und des langen Beobachtungszeitraums relevant sind – wie eine aktuell in dem Fachmagazin "Lancet" veröffentlichte Studie.

Riesige Kohorte

Um die Frage zu klären, inwieweit Belastungen im Job Auswirkungen auf die Lebenszeit haben, wurden dafür mehr als 100.000 Männer und Frauen in Großbritannien, Frankreich, Schweden und Finnland über einen Zeitraum von 14 Jahren beobachtet. Ziel der Studie war, die Auswirkungen von Stress auf den Menschen zu erforschen.

Was unter Stress im Job verstanden wurde? Zum einen hohe berufliche Anforderungen, über die Betroffene keine Kontrolle haben, zum anderen ein unausgewogenes Verhältnis zwischen Aufwand und Entlohnung. "Arbeit ist die größte Quelle für Stress im Erwachsenenalter, auf die der Körper mit den ihm zur Verfügung stehenden Stressbewältigungsmechanismen reagiert", sagt Mika Kivimäki von der Universität Helsinki, der an der Studie beteiligt war.

Frauen resistenter

Allerdings zeigt die Studie, dass Stress im Job vor allem bei Männern das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes und damit das Risiko eines vorzeitigen Todes erhöht. Mit medikamentösen Maßnahmen zur Senkung des kardiovaskulären Risikos sei es nicht getan, sagt Kivimäki und meint damit Cholesterin- beziehungsweise blutdrucksenkende Therapien. Vielmehr seien echte Stressbewältigung in Form von Stressmanagement, eventuell eine Umorientierung im Job oder eine Reduktion der Arbeitszeit notwendige Maßnahmen im Sinne einer Rehabilitation. Bei Frauen, die Stress haben, zeigten sich im Gegensatz dazu keine kardiovaskulären Auswirkung.

Männer, die innerhalb des Beobachtungszeitraums an Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkrankten und zusätzlich unter Stress im Job litten, hatten ein um 68 Prozent erhöhtes Risiko eines frühzeitigen Todes im Vergleich zu Ungestressten. Inwieweit sich konkrete Maßnahmen zur Stressreduktion nachhaltig auf die Lebenszeit auswirken, muss allerdings erst in einer neuen Untersuchung festgestellt werden. (pok, 6.6.2018)