Brüssel – In der größten Fraktion im EU-Parlament, der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), ist ein Streit über Ungarns nationalkonservative Regierungspartei Fidesz ausgebrochen. Die niederländischen Christdemokraten (CDA) verabschiedeten auf ihrem Parteitag am Samstag eine Resolution, die der Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán die Suspendierung androht.

Die CDA-Resolution hält unter anderem fest, dass die demokratische Rechtsstaatlichkeit in Ungarn durch eine Verfassungsänderung bedroht und die Unabhängigkeit von Justiz, Medienfreiheit und anderen Grundrechten gefährdet sei.

"Größter Nutznießer der EU"

Die CDA kritisiert auch den EU-kritischen Ton eines "Stop Brüssel"-Fragebogens der ungarischen Regierung. In dieser Kampagne habe Fidesz bewusst die Fakten falsch dargestellt. Ungarn erhalte jährlich rund drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung aus EU-Mitteln und sei einer der größten Nutznießer der EU.

Wenn "rote Linien" überschritten würden, müsse ein Dialog mit Fidesz aufgenommen werden, aber ohne Verbesserungen "sollte die EVP als letzten Schritt die (vorübergehende) Suspendierung der Mitgliedschaft beantragen", heißt es in der Entschließung der niederländischen Konservativen.

Fidesz bricht Kontakt zu CDA ab

Der Antrag führte in Budapest zu einer empörten Reaktion. Fidesz-Vizepräsidentin Katalin Novák wies in einem Brief an die CDA-Spitze die Vorwürfe als "Lügen" zurück und verlangte eine Entschuldigung. "Bis das geschehen ist, setzt Fidesz jeglichen Kontakt mit der CDA aus, und wir ziehen unsere Unterstützung für Kandidaten der CDA zurück", schrieb Novák. Es sei "untragbar", wenn ein EVP-Mitglied ein anderes "ohne vorherige Konsultation und durch Lügen angreift".

Strafdrohung als Ermunterung

Die CDA-Vorsitzende Ruth Peetoom antwortete, man wolle den Dialog mit Fidesz aufrechterhalten. "Wir hoffen, dass ihr die Resolution als Ermunterung betrachtet, die europäischen Werte hochzuhalten, die wir in der EVP-Familie teilen."

Die EVP, der auch die ÖVP angehört, trifft sich von Mittwoch bis Freitag zu Studientagen in München, um ein Jahr vor der Europawahl die politische Entwicklung und Ausrichtung der Fraktion zu diskutieren. Erwartet werden neben EVP-Fraktionschef Manfred Weber unter anderen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Bundeskanzler Sebastian Kurz. (APA, 5.6.2018)