Wenn man wie Sascha Aumüller Hausgötter aus Bali importiert, muss man mit Nebenwirkungen und -kosten rechnen.

Foto: Lukas Friesenbichler, Set-Design: Magdalena Rawicka

Diese Geschichte erschien im Rahmen eines Schwerpunkts im RONDO zum Thema Souvenirs.

Foto: lukas friesenbichler

Auf Bali hängt der Haussegen nie schief, er steht kerzengerade im Vorgarten. Fast überall in Form von zwei Statuen aus Kalkstein, die ein balinesisches Ehepaar von halbgöttlicher Herkunft verkörpern. Er ist ungefähr einen Meter groß, in einen Sarong gewandet und trägt die traditionelle Kopfbedeckung, den Udeng. Sie steht neben ihm auf Augenhöhe in fast identischem Outfit, hinter den Ohren stecken Frangipani-Blüten. Zusammen bilden sie ein Tor und bringen jedem Glück, der es braucht.

Glück verheißendes Paar

Ihr Dasein ist also anspruchsvoll, aber nicht anstrengend. Sie stehen einfach so lange im Tropenregen herum, bis sie schwarz werden. Nach ein paar Jahren bildet der dunkle Kalk einen herrlichen Kontrast zu dem quietschgrünen Moos, das sie in dem heiß-feuchten Klima anlegen. Viel Bewegung machen die beiden nicht. Normalerweise. Gerade hat eines dieser Statuenpaare eine lange Reise nach Wien hinter sich. Und für kurze Zeit hing bei uns deshalb der Haussegen schief.

Herr Sariadi arbeitet als Steinmetz an einer Ausfallstraße von Ubud, wo er Statuen aus Kalksteinblöcken schlägt. An einem heißen Vormittag im Jänner 2018 statteten wir ihm einen Besuch ab und entdeckten in seiner Werkstatt genau so ein Glück verheißendes Paar. Also erzählten wir ihm von unserer neuen gemeinsamen Wiener Wohnung, wo nur noch der Haussegen fehlt. Dort sollten die beiden in Hinkunft als Hausgötter hackeln. Warum wir nicht einfach einen Herrgottswinkel installierten, wie es gottverdammte Europäer nun einmal tun, fragten wir uns zu spät. Denn sobald man uns zu verstehen gab, dass Segnungen aller Art auf Bali käuflich sind, schlugen wir zu.

Tag 117

Die Überfahrt der Halbgötter im Containerschiff von Denpasar nach Wien dauerte ewig. Wir waren längst zu Hause und begannen uns schon Sorgen um unsere Statuen zu machen: So verkalkt dieses Ehepaar auch sein mag, so unerfahren ist es doch auf Reisen. An Tag 117 kam dann die Nachricht vom Spediteur im sicheren Wiener Hafen: "Haben hier zwei massive hölzerne Käfige aus Indonesien. Sollen wir zustellen? Kostet 120 Euro." Natürlich sollten sie nicht. Seinen Segen holt man sich doch persönlich.

Und mit "Nebengebühren" für die Einreise von Halbgöttern nach Österreich hatten wir nicht gerechnet. Zoll ist zu zahlen, schon klar, aber wer je Frangipani-Blüten hinter den Ohren trug, ist taub für Zusatzkosten wie LCL Handling Fee, Release Fee oder Personal Effect Charges. Insgesamt betrugen die Gebühren das Dreifache der Transportkosten, die wir bereits in Bali gelöhnt hatten.

OP mit Gips und Haftkleber

Bevor das Paar in der Wiener Wohnung seinen balinesischen Haussegen spenden konnte, musste es erst aus den Käfigen befreit werden. Dafür brauchte es eine extrakräftige Brechstange aus dem Baumarkt und ein Nageleisen, das 500 rostige Nägel lang durchhält. Als dann endlich der Mann ausgepackt war, muss sich seine steinerne Frau gefühlt haben wie die Weinende Madonna von Civitavecchia: Da kauerte er auf dem Parkettboden, von der Hüfte abwärts in zwei Hälften gebrochen, mit Absplitterungen am Knie und am Ellbogen. Dabei ist er vor seiner Abreise ein ganzer Mann gewesen und brachte 130 Kilo auf die Waage, danach nur mehr zweimal 65.

Nach der erfolgreichen OP mit Gips und Haftkleber bereitete uns etwas anderes Sorgen: der Teint unserer Hausgötter. Sie waren seit Wochen nicht mehr draußen und werden es dorthin vermutlich nie mehr schaffen – wegen ihres Übergewichts. In der trockenen Luft einer Wiener Wohnung verliert der schwülegeschwängerte Kalk aber rasch an Farbe, von Woche zu Woche erscheinen uns die beiden blasser. Doch vielleicht sieht so auch erlebte Integration aus: Halbgötter werden zum fahlen Wiener Ehepaar. (Sascha Aumüller, RONDO, 8.6.2018)