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Beate Zschäpe (43) beschäftigt im NSU-Prozess fünf Anwälte.

Foto: AP/Matthias Schrader

München – "Beate Zschäpe ist keine Terroristin, sie ist keine Mörderin und keine Attentäterin. Sie ist wegen aller angeklagter Staatsschutzdelikte freizusprechen und unverzüglich freizulassen." Mit diesen Worten hat am Dienstag im Oberlandesgericht München Strafverteidiger Wolfgang Heer gefordert, seine Mandantin sofort aus der Haft zu entlassen.

Es war ein aufsehenerregendes Plädoyer in einem ohnehin ungewöhnlichen Prozess. Seit 2013 versucht der sechste Strafsenat unter Vorsitz von Manfred Götzel zu klären, ob Zschäpe als Mörderin, rechtsextreme Terroristin und Brandstifterin zu verurteilen ist.

Man ist nun in der Schlussphase des Mammutverfahrens angelangt, und da stehen derzeit die Plädoyers der Anwälte auf der Tagesordnung. Das Besondere: Zschäpe möchte überhaupt nicht von ihren Verteidigern verteidigt werden. Denn die Hauptangeklagte im NSU-Prozess (Nationalsozialistischer Untergrund) hat sich mit Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm schon vor Jahren komplett überworfen.

Die drei wurden ihr zu Beginn des Prozesses als Pflichtverteidiger zur Seite gestellt. Ihre Linie war von Anfang an klar: Zschäpe möge die ganze Zeit schweigen.

Heer, Sturm und Stahl wollten Mandat loswerden

Darin hielt sich Zschäpe zunächst. Doch im Sommer 2014 kam es zum Bruch mit Heer, Sturm und Stahl. Zschäpe wollte sie loswerden, auch die drei baten, vom Mandat entbunden zu werden. Das Gericht gestattete dies nicht, ließ aber einen vierten Pflichtverteidiger (Mathias Grasel) zu. Zschäpe nahm sich noch einen Wahlanwalt (Hermann Borchert). Nur mit ihnen spricht sie noch, mit dem Trio nicht mehr.

Das führte zu folgender kurioser Situation: Pflichtverteidiger Heer plädierte am Mittwoch vehementer für die Angeklagte, als deren Anwälte des Vertrauens es im Mai schon getan hatten. Er sagte, Zschäpe habe die Morde an neun Männern mit Migrationshintergrund und einer Polizistin nicht geplant. Sie habe auch keine Waffen beschafft und sei nicht in der Nähe der Tatorte gewesen.

Man könne ihr nur einfache Brandstiftung in der gemeinsamen Wohnung nach dem Tod ihrer Freunde Uwe H. und Uwe M. vorwerfen. Dafür sei höchstens eine Strafe von zehn Jahren vorgesehen. Da Zschäpe sich seit sechs Jahren und sieben Monaten in U-Haft befinde, ihr Verhalten keinen Anlass für Beschwerden gegeben habe, sei sie sofort freizulassen.

Grasel und Borchert hingegen hatten bei ihren Plädoyers maximal zehn Jahre Haft für Zschäpe gefordert und auch erklärt, sie könne nicht wegen Beihilfe oder gar Mittäterschaft an den Morden verurteilt werden – allerdings wegen besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zu Raubüberfällen der beiden Uwes. (bau, 5.6.2018)