Starburstgalaxien im frühen Universum besitzen einen viel höheren Anteil an massereichen Sternen als ruhigere Galaxien.

Illustr.: ESO/M. Kornmesser

Garching – Starburstgalaxien im frühen Universum und Sternentstehungsregionen in nahen Galaxien haben mehr gemeinsam als gedacht: Ein internationales Astronomenteam hat nun herausgefunden, dass beide einen viel höheren Anteil an massereichen Sternen enthalten als ruhigere Galaxien. Diese Erkenntnis mag auf den ersten Blick trivial erscheinen – und doch stellt sie aktuelle Vorstellungen über die Entwicklung von Galaxien in Frage. Die neuen Untersuchungen verändern sogar unser Verständnis der kosmischen Sternentstehungsgeschichte und der Bildung der chemischen Elemente.

Ein Astronomenteam um Zhi-Yu Zhang von der Universität Edinburgh hat mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) den Anteil der massereichen Sterne in vier entfernten gasreichen Starburstgalaxien untersucht. Wir sehen diese Galaxien heute so, wie sie zu einer Zeit waren, als das Universum bedeutend jünger war. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Junggalaxien bereits mehrere vorhergehende Episoden der Sternentstehung durchgemacht haben, die die Resultate beeinflussen könnten.

Zhang und sein Team entwickelten eine neue Technik – analog zur Radiokarbonmethode (auch bekannt als C-14 Datierung) – um die Häufigkeit verschiedener Arten von Kohlenstoffmonoxid in den vier sehr weit entfernten, staubumhüllten Starburstgalaxien zu messen. Sie beobachteten das Verhältnis von zwei Arten von Kohlenstoffmonoxid mit unterschiedlichen Isotopen.

Massenbestimmung trotz dichtem galaktischem Nebel

"Kohlenstoff- und Sauerstoffisotope haben eine unterschiedliche Herkunft", erklärt Zhang. "18O wird vermehrt in massereichen Sternen und 13C mehr in Sternen mit geringer bis mittlerer Masse produziert." Dank der neuen Technik konnte das Team durch den Staub in diesen Galaxien blicken und zum ersten Mal die Massen ihrer Sterne beurteilen.

Die Masse eines Sterns ist der wichtigste Faktor für seine Entwicklung. Massereiche Sterne leuchten hell und haben ein kurzes Leben, während weniger massereiche Sterne wie die Sonne Milliarden von Jahren leuchten, dafür aber weniger hell. Die Kenntnis der Anzahlverhältnisse von Sternen unterschiedlicher Massen, die in Galaxien gebildet werden, untermauert daher das Verständnis der Astronomen für die Entstehung und Entwicklung von Galaxien in der Geschichte des Universums.

Folglich gibt sie uns entscheidende Erkenntnisse über die chemischen Elemente, die zur Bildung neuer Sterne und Planeten zur Verfügung stehen, und letztlich über die Anzahl der Schwarzen Löcher, die sich zu den supermassereichen Schwarzen Löchern vereinigen könnten, die wir in den Zentren vieler Galaxien sehen.

Ko-Autorin Donatella Romano vom INAF-Osservatorio di astrofisica e scienza dello spazio di Bologna erklärt, was das Team gefunden hat: "Das Verhältnis von 18O zu 13C war in diesen Starburst-Galaxien im frühen Universum etwa 10 mal höher als in Galaxien wie der Milchstraße, was bedeutet, dass es einen viel höheren Anteil an massereichen Sternen in diesen Starburst-Galaxien gibt."

Lokale Bestätigung

Der ALMA-Fund wird durch eine weitere Entdeckung im lokalen Universum bestätigt: Ein Team um Fabian Schneider von der University of Oxford in Großbritannien führte mit dem Very Large Telescope der ESO spektroskopische Messungen von 800 Sternen in der riesigen Sternentstehungsregion 30 Doradus in der Großen Magellanschen Wolke durch, um die Gesamtverteilung von Sternalter und Anfangsmassen zu untersuchen.

"Wir fanden rund 30 Prozent mehr Sterne mit mehr als 30 Mal so viel Masse wie die Sonne und etwa 70 Prozent mehr als erwartet über 60 Sonnenmassen. Unsere Ergebnisse stellen die vorhergesagte Grenze von 150 Sonnenmassen für die maximale Geburtsmasse von Sternen in Frage und legen sogar nahe, dass Sterne Geburtsmassen von bis zu 300 Sonnenmassen haben könnten", erklärt Schneider.

Rob Ivison, Ko-Autor des neuen ALMA-Artikel, schließt: "Unsere Erkenntnisse führen uns dazu, unser Verständnis der kosmischen Geschichte in Frage zu stellen. Astronomen, die Modelle des Universums entwickeln, müssen nun wieder zum Grundkonzept zurückkehren und noch mehr Detail hineinstecken." (red, 11.6.2018)