Bild nicht mehr verfügbar.

Will nicht als Marionette von Cinque-Stelle-Chef Luigi Di Maio und Lega-Anführer Matteo Salvini gelten: Premier Giuseppe Conte.

Foto: Reuters / Alessandro Bianchi

Die Sitzordnung auf der Regierungsbank war durch die Funktion der Amtsträger vorgegeben, dennoch hatte sie etwas Symbolisches: In der Mitte, stehend, hielt Premier Giuseppe Conte seine Regierungserklärung, mit der er um das Vertrauen der Senatorinnen und Senatoren warb. Links und rechts die beiden Vizepremiers, Lega-Führer Matteo Salvini und Cinque-Stelle-Chef Luigi Di Maio. Die beiden wirkten wie Wachhunde, die aufpassen, dass der parteilose Conte nichts Falsches sagt. Denn die wirklich starken Figuren der neuen Populistenregierung sind sie beide – nicht der 53-jährige Rechtsprofessor.

In seiner 71-minütigen Rede versuchte Conte den Eindruck zu zerstreuen, dass er lediglich eine Marionette der beiden Parteiführer sei. Mehrfach betonte er, dass er sich der "großen Verantwortung bewusst" sei, die ihm mit seinem Amt übertragen worden sei. Er verwies auch auf den Verfassungsartikel, der die Kompetenzen des Premiers umschreibt, der autonom die allgemeinen Leitlinien der Regierungspolitik festlegt.

Er werde sein Amt "mit Entschlossenheit und Demut" ausüben, angetrieben vom Willen, dem Land und seinen Bürgern zu dienen. Vor allem aber wollten er und seine Regierung einen radikalen Wandel in Italien herbeiführen, der den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen soll.

Bekenntnis zu Schuldenabbau

Mit Spannung erwartet wurden Contes Ausführungen zum Budget und zum künftigen Verhältnis zu Europa. Der Premier bekräftigte, dass er am Schuldenabbau festhalten werde; das Gewicht werde auf Maßnahmen liegen, welche das wirtschaftliche Wachstum begünstigen würden. "Die italienischen Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf einen Mindestlohn, auf ein Grundeinkommen und darauf, die Steuern auf einfache Weise zu bezahlen." Dafür gebe es das Ziel einer Flat Tax.

Die bisherige, von der EU verordnete Sparpolitik habe das Wachstum behindert und letztlich nur dazu geführt, dass die Staatsschuld weiter angestiegen sei.

Zum Thema Europa äußerte sich Conte erst gegen Ende seiner Ansprache: "Europa ist unser Haus, aber als Gründungsmitglied der EU werden wir uns dafür einsetzen, dass die EU stärker und gerechter wird." Wie Italien müsse auch Europa wieder vermehrt auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger achten. Conte betonte weiter, dass sich Italien in einer "guten Verhandlungsposition" befinde: "Zum heutigen Zeitpunkt stimmen die Interessen Europas mit denjenigen Italiens überein." Wer wollte, konnte in diesem Satz auch eine versteckte Drohung erkennen: Die italienische Staatsverschuldung ist mit 2300 Milliarden Euro derart hoch, dass ein Staatskonkurs Italiens die ganze Eurozone in den Abgrund reißen könnte.

Allerdings: Die zwei teuersten Wahlversprechen, das Grundeinkommen und die Flat Tax, hat die Regierung bereits auf die lange Bank geschoben: Sie sollen frühestens 2020 eingeführt werden – falls es diese Regierung dann noch gibt. Addiert hätten die beiden Maßnahmen das Budget mit über 60 Milliarden Euro belastet. Auch die Senkung des Pensionsalters wird nun nur noch in einer entschärften Version ins Auge gefasst: Statt 15 bis 20 Milliarden Euro jährlich soll das Rentenpaket nun fünf Milliarden Euro kosten.

"Dublin überwinden"

Ein zentrales Thema von Contes Rede bildete auch die Migrationspolitik, die besonders der Lega am Herzen liegt. Der neue Premier werde sich für eine "Überwindung" des Dublin-Abkommens einsetzen.

Und: Während die Schlepperbanden bekämpft würden, werde die Regierung all jene Immigranten schützen und verteidigen, die regulär einreisen, sich legal im Land aufhalten, arbeiten und sich integrieren. In diesem Zusammenhang erinnerte Conte an einen 29-jährigen Landarbeiter aus Mali, der am Montag in Kalabrien von einem Unbekannten erschossen wurde.

Im Anschluss an die programmatische Rede Contes folgte am Abend die Vertrauensabstimmung im Senat, die Conte mit 171 gegen 117 Stimmen gewann. Am Mittwoch ist in der Abgeordnetenkammer eine Vertrauensabstimmung angesetzt. Die neue Regierung aus Cinque Stelle und Lega verfügt aber sowohl in der kleinen als auch der großen Parlamentskammer über eine absolute Mehrheit. Die Abstimmungen gelten als reine Formalität. (Dominik Straub aus Rom, 5.6.2018)