Wladimir Putin, Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.

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Am Dienstag, gegen Mittag, konnte man am Himmel östliche von Wien ein ungewöhnliches Schauspiel beobachten. Flankiert von zwei Eurofightern steuerte eine Iljuschin Il-96-300 den Flughafen Wien Schwechat an. In der Maschine: der russische Präsident Wladimir Putin, den seine erste bilaterale Arbeitsreise seit seiner Wiederwahl Mitte März nach Österreich führte. Beim Anflug auf Schwechat mag Putin einen wohlwollenden Blick auf das Gelände der Raffinerie Schwechat geworfen haben: Aus russischer Sicht ist Österreich in erster Linie ein wichtiger Gasverteilerknotenpunkt in Europa.

Pressekonferenz: Präsident Putin bei Kanzler Kurz (ÖVP).
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Speziell das Pipelineprojekt Nordstream 2 stand auch bei den Arbeitsgesprächen Putins in Österreich im Fokus. Die OMV ist ebenso wie die deutschen Energieversorger und die russische Gazprom auf den innerhalb Europas politisch umstrittenen Bau der zweiten Röhre der Ostseepipeline interessiert.

Gasverträge verlängert

OMV-Chef Rainer Seele soll es auch gewesen sein, der die Einladung Putins zum 50-Jahr-Jubiläum des Gasliefervertrags zwischen Österreich und der Sowjetunion anregte. Am Dienstag gab es die Belohnung dafür: Seele und Gazprom-Chef Alexej Miller unterzeichneten im Beisein von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Putin die Verlängerung ihres bestehenden Gasliefervertrag bis 2040. "Zuverlässig und stabil" habe Russland Österreich in den letzten Jahrzehnten immer versorgt, betonte Putin.

Am Montag wurde Armin Wolfs ORF-Interview mit Wladimir Putin ausgestrahlt, das im Kreml aufgezeichnet wurde. Rund 900.000 Menschen verfolgten das Gespräch vor den Fernsehbildschirmen.
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Es sind vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen, die Putin hervorhebt. Rund 500 österreichische Firmen seien in Russland tätig. Das Land liegt tatsächlich mit einem Handelsvolumen von knapp fünf Milliarden Euro auf Platz 16 der wichtigsten Handelspartner Österreichs. Das russische Investitionsvolumen betrug 2016 aber 20 Milliarden Euro – damit ist Russland die Nummer zwei nach Deutschland. 2017 sei nach dem Einsetzen der EU-Sanktionen im Jahr 2014 erstmals bei Exporten wie bei Importen wieder ein Plus verzeichnet worden.

Putin selbst nennt die EU-Sanktionen, die als Reaktion auf die russische Aggression in der Ostukraine beschlossen wurden, in Wien "einseitige, politisch motivierte Beschränkungen", die schädlich für alle Seiten seien. Interesse an deren Aufhebung habe er allerdings schon. Gleichzeitig ließ er diplomatisches Verständnis dafür anklingen, dass es für ein einzelnes EU-Land schwierig sei, das anzusprechen.

Carola Schneider (ORF) erwartet in naher Zukunft keine Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Westen und dem Osten, ein Mitgrund dafür ist das Stocken der Minsker Friedensverhandlungen.
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Ende Juli, während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, werden diese Sanktionen verlängert. Dass Österreich dabei "im Einklang mit der EU" handeln wird, daran ließen weder Kurz noch Van der Bellen Zweifel. Gleichzeitig hoffe man darauf, so Kurz, dass es Fortschritte in der Ostukraine gibt, um hier auch dem Minsker Abkommen entsprechend Zug um Zug die Sanktionen schrittweise abzubauen". Russland habe eine große Bedeutung in Krisenherden wie Syrien und der Ostukraine, aber auch eine "starke Verantwortung".

Putin in Wien: Wissenswertes über den russischen Präsidenten
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Dass Putin sich Wien als erstes Ziel nach seiner Wiederwahl aussuchte, passt auch angesichts der bevorstehenden Rolle Österreichs als EU-Vorsitzender ins Kalkül. Auch wenn für den Kreml klar ist, dass der Spielraum Österreichs innerhalb der EU gering ist. Emil Brix, Direktor der Diplomatischen Akademie und Ex-Botschafter Österreichs in Moskau, betonte in einem Gespräch mit Journalisten, dass sich im Kreml auch zunehmend die Meinung durchsetze, dass die in eine Annäherung an Chinas gesetzten Hoffnungen sich nicht erfüllt hätten. Das heißt, dass Russland eine "konstruktivere Position gegenüber der EU" einnehmen müsse, so Brix. Putin hat auch in den vergangenen Wochen aus seiner Sicht relevantere EU-Player wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron oder die deutsche Kanzlerin Angela Merkel getroffen. Auch die aktuelle Politik der USA drängt letzlich Russland und die EU zueinander – etwa nach dem Ausstieg Washingtons aus dem Atomabkommen mit dem Iran.

Kultur zum Abschluss

Am Wiener Heldenplatz machte am Dienstag eine nur kleine Gruppen von Demonstranten ihrem Ärger über Putins Anwesenheit Luft. Lauter verschaffte sich die Pro-Putin-Fraktion Gehör. "Danke für Krim, Putin", stand auf Plakaten. Darüber brummten die Polizeihubschrauber.

Den Staatsbesuchs ließ Putin mit etwas Kultur ausklingen: In seinem Beisein wurde eine Ausstellung mit Werken aus der Eremitage in St. Petersburg im Kunsthistorischen Museum eröffnet. Danach hob die Iljuschin wieder Richtung Moskau ab. (Manuela Honsig-Erlenburg, 5.6.2018)