Pünktlich zum Fußballsommer, der immer auch ein Fest der starken patriotischen Gefühle ist, hat sich der Krachlederne wieder in Stellung gebracht: Andreas Gabalier veröffentlichte gerade erst sein neues Album "Vergiss mein nicht". Auf dem Cover präsentiert er sich mit Photoshop-gestählten himmelblauen Augen, textlich bringt er uns sein Konzept des Hedonisten-Katholizismus nahe: "In einem christlichen Land hängt ein Kreuz an der Wand", "Vaterunser beten, Holzscheitelknien", aber auch: "Nach einem Zeltfest im Rausch am Heuboden die Unschuld riskieren".

ANTENNE BAYERN

Ideologisch nicht ganz fern stehen dürfte das einem Sender wie Antenne Bayern. Dort versicherte man sich angesichts der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft nun der Dienste des steirischen Barden. Die WM-Hymne, die Gabalier für den Sender einsang, muss man nicht gehört haben: Einfach für "Hodi oh" "Jogi Löw" einsetzen, und man kann sich das ursuper-leiwand-klass selbst vorsingen! Wer seine Stimme zuvor noch mit Bier, Wurst und Beuschelreißer in Form bringt, ist sowieso schon Fanblock-Capo.

Immerhin: Gabalier hat sein bundesdeutsches WM-Engagement auf ein Minimum reduziert. Im Gegensatz zu seinen beflaggten Begleitmusikern im Hintergrund trägt er im Video ein neutrales T-Shirt vom Hard Rock Cafe Los Angeles (Pflichtprogramm für Hedonisten-Katholiken). Außerdem ist der kurze Beitrag mit einer einzigen Textzeile, die es einzustudieren gilt, recht geistesschonend gehalten: "Deutschland / alles tanzt, alles lacht / schwarz-rot-gold / und Hand in Hand." Das geht.

Eines sollten wir aber bedenken: Mit Udo Jürgens ist bei der WM 1978 schon einmal ein Kärntner mit der deutschen Elf musikalisch fremdgegangen. Damals rächte sich Österreich mit einem 3:2-Sieg in Córdoba. Diesmal sind wir bei der WM zwar nicht dabei, aber seit letztem Wochenende (2:1!) ist ja Klagenfurt das neue Córdoba.

In einem christlichen Land müsste Andreas Gabalier jetzt ordentlich holzscheitelknien! (Stefan Weiss, 6.6.2018)