Die Passagiersitze in Flugzeugen füllen sich fast von selbst. Nur vorne im Cockpit wollen weniger Menschen Platz nehmen, als sich Airlines weltweit wünschen würden.

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Sydney/Montreal – Der Piloten-Mangel bremst immer mehr Airlines aus. Wegen der Personalknappheit hinter dem Steuerknüppel müssen Flugzeuge zum Teil am Boden bleiben. Der noch größere Hemmschuh für die Wachstumsaussichten der Airlines sind aber die höheren Gehälter, die sie den Piloten zahlen müssen, und die höheren Kosten für deren Anwerbung.

Neben den gestiegenen Preisen für Treibstoff ist das der Hauptgrund, warum der Branchenverband IATA bei einem Branchentreffen in Sydney in dieser Woche seine Gewinnprognose für dieses Jahr um zwölf Prozent senkte. "Dieser Kostendruck wird nicht unmittelbar aufhören", erläuterte IATA-Chefökonom Brian Pearce. Er sei auch der guten Wirtschaftslage in den Industrieländern geschuldet, in denen die Arbeitslosigkeit gefallen sei und nun höhere Löhne gefordert werden könnten.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr beklagte sich schon im Frühjahr, dass Engpässe beim Personal und bei den Maschinen die Fluglinie einschränkten: "Wir können nicht so stark wachsen, wie wir wollen", sagte er am Rande der Hauptversammlung im Mai. In den USA können Piloten mittlerweile bei neuen Verträgen satte Gehaltssteigerungen einstreichen, nachdem sie vor einem Jahrzehnt noch Kürzungen in Kauf nehmen mussten.

Pilotenknappheit steigert Macht der Gewerkschaften

Airlines wie etwa Emirates und die australische Qantas Airways stecken bereits mehr Geld in die Anwerbung von Piloten und mussten dennoch in den vergangenen Monaten Maschinen am Boden lassen, weil Fortbildungen für Engpässe sorgten. Die Pilotenknappheit steigert auch die Macht der Gewerkschaften: In Frankreich setzen Streiks im Arbeitskampf um höhere Löhne der Fluggesellschaft Air France-KLM zu. Europas größter Billigflieger Ryanair musste angesichts des Drucks erstmals Gewerkschaften anerkennen.

Nach Schätzungen des Flugzeugbauers Boeing braucht die Luftfahrtindustrie in den nächsten 20 Jahren rund 637.000 weitere Piloten. Der Branchenverband geht davon aus, dass sich der Luftverkehr in dieser Zeit nahezu verdoppelt.

Unternehmen wie die kanadische Trainingsgesellschaft CAE oder L3 Technologies rüsten sich bereits mit neuen Flug-Simulatoren, um vom Ausbildungsbedarf zu profitieren. Auch die Flugzeughersteller Airbus und Boeing bauen Dienstleistungen wie etwa Schulungen aus.

China heizt den Wettbewerb an

Unterdessen werben sich Fluggesellschaften über Ländergrenzen hinweg mit attraktiven Paketen Piloten ab. "Es läuft ein Bietergefecht", sagt etwa der Chef des Verbands asiatisch-pazifischer Airlines, Andrew Herdman. Die Kosten um erfahrene Piloten anzuwerben und zu behalten, seien enorm gestiegen.

Der Pilotenverband in Kanada schätzt, dass rund 1.000 kanadische Piloten mittlerweile für ausländische Gesellschaften wie etwa Emirates fliegen. Vor allem der Wachstumsmarkt China heizt den Wettbewerb um erfahrene Flugzeuglenker an. Nutznießer sind die Piloten: Ausländische Flugkapitäne bekommen in der Volksrepublik Jahresgehälter von bis zu 314.000 Dollar (268.950 Euro) geboten – steuerfrei. (APA/Reuters, 6.6.2018)