Salt Lake City – Selbst die schmetterndste Opernstimme kann nicht mit der vokalen Kraft vieler Tiere mithalten, deren Brüllen, Heulen, Pfeifen und sonstige Lautäußerungen über sehr weite Distanzen hörbar sind. Könnten sich auch Menschen diese Fähigkeit antrainieren? Dieser Frage ging der Forscher Ingo Titze vom National Center for Voice and Speech der University of Utah nach und kam auf eine einfache Antwort: Nein – die Anatomie erlaubt es uns nicht.

Was aus dem Maul oder Schnabel eines Tiers nach außen dringt, ist laut Titze ohnehin nur ein Bruchteil der aerodynamischen Kraft, die die Lungen produzieren. Das meiste geht noch im Körper verloren, weil es von dem weichen Gewebe absorbiert wird, an dem die Luft vorbeiströmt, ehe sie nach außen dringen kann. Diesen Rest können manche Tiere aber zu annähernd 100 Prozent in Lautstärke umsetzen, während es bei uns kaum ein einziges Prozent ist.

Was Stimmen tragend macht

Für diese Effizienz sind laut dem Forscher mehrere Faktoren ausschlaggebend. Einer davon ist, dass viele Tiere ihren ganzen Körper als Resonanzwand einsetzen können – insbesondere sehr kleinwüchsige Spezies greifen darauf zurück und können dadurch so laut sein wie der wesentlich größere Mensch. Wie bei einer Lautsprecherbox wird der Schall damit in nur eine Richtung gelenkt. Diese Tiere nutzen dies, indem sie den Kopf zurücklegen oder sogar in den Körper zurückziehen. Unser vergleichsweise unflexibler Hals erlaubt dies nicht – und der Resonanzwandeffekt kann somit kaum zum Tragen kommen.

Zwei weitere Faktoren sind Tonhöhe und Öffnung des Mundes (respektive des Mauls oder Schnabels): Je weiter geöffnet, desto lauter – das ist laut Titze zugleich der einzige Punkt, an dem wir wenigstens ein bisschen Spielraum haben, unsere vokale Kraft zu steigern. Allerdings müssten für ein optimales Ergebnis Frequenz der Lautäußerung und Durchmesser der Mundöffnung zusammenpassen. Bei durchschnittlich 50 Millimeter Mundöffnung sollte ein Mensch also Töne mit etwa 6.860 Hertz von sich geben. Darauf sind wir aber nicht angelegt: Die Grundfrequenz menschlicher Sprache liegt eher in einem Bereich von 300 Hertz.

Grundsätzlich gibt es eben zwei ganz unterschiedliche Formen der Vokalisierung, resümiert Titze. Die eine ist auf maximale Reichweite angelegt, was allerdings zu Lasten der Unterscheidbarkeit geht. Menschliche Sprache aber umfasst eine Vielzahl von Konsonanten und Vokalen, ausgedrückt in einem sehr variantenreichen Einsatz von Lippe, Zungen und Kiefer. Dieser Variantenreichtum ermöglicht einen hohen Informationsgehalt, was aber nur bei niedrigeren Frequenzen funktioniert – und darum bleibt die Reichweite unserer Stimme im Vergleich zu anderen Tieren gering. (red, 10. 6. 2018)