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Besonders die USA stehen bei den internationalen Investitionen als großer Verlierer da.

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Die Globalisierung verliert deutlich an Schwung, um nicht zu sagen: Sie befindet sich im Rückwärtsgang. Weltweit brach 2017 die Summe der grenzüberschreitenden Direktinvestitionen um fast ein Viertel im Vergleich zum Jahr 2016 ein. In den reichen Staaten belief sich das Minus bei den grenzüberschreitenden Direktinvestitionen laut den Vereinten Nationen sogar auf mehr als ein Drittel. Insgesamt, so warnte Mukhisa Kituyi, Generalsekretär der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad), anlässlich der Veröffentlichung des Weltinvestitionsberichts am Mittwoch, "erleben wir einen besorgniserregenden Trend".

Die Aussichten für die grenzüberschreitenden Direktinvestitionen (FDI) seien für 2018 auch "gedämpft". Im laufenden Jahr droht der stetig eskalierende Handelskrieg nach den Befürchtungen der Unctad-Ökonomen die Investitionsentscheidungen der global agierenden Unternehmen weiterhin "negativ" zu beeinflussen. Auch Experten der Welthandelsorganisation warnen vor einem globalen Abschwung infolge der Konfrontation, die von den USA unter Präsident Donald Trump angezettelt wurde. Unctad-Generalsekretär Kituyi machte klar, wie sich die Zurückhaltung der Investoren auswirken wird: Die internationale Güterproduktion verlangsamt sich und bremst das globale Wirtschaftswachstums.

Rückgänge querbeet

Die grenzüberschreitenden Direktinvestitionen gelten als Gradmesser der weltwirtschaftlichen Verflechtung und spiegeln das Vertrauen der Firmenlenker auf eine profitable Zukunft wider. Konkret sank die Summe der grenzüberschreitenden Direktinvestitionen im Jahr 2017 auf 1.430 Milliarden Dollar. Im Jahr 2016 leiteten die Unternehmen noch 1.870 Milliarden Dollar in andere Staaten. Besonders stark hielten sich die Bosse bei Firmenübernahmen und Fusionen zurück. Doch auch die Investitionen in neue Produktionsstätten schrumpften. Gegen den globalen Trend kam es in Deutschland aber zu mehr als einer Verdoppelung des Engagements fremder Investoren, von 17 Milliarden Dollar 2016 auf 35 Milliarden Dollar 2017.

Nach Frankreich flossen 2017 sogar 50 Milliarden Dollar, ein Jahr zuvor waren es noch 35 Milliarden Dollar gewesen. Den Anstieg in den beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone erklären die Unctad-Ökonomen mit Fusionen und Übernahmen. Für Schlagzeilen in letzter Zeit sorgte etwa die Übernahme des Roboterherstellers Kuka aus Augsburg durch die Chinesen. Österreich schnitt über die Jahre gut ab: Während ausländische Investoren 2012 knapp vier Milliarden Dollar in Österreich anlegten, waren es 2017 fast zehn Milliarden Dollar.

Großes Minus in den USA

Als große Verlierer stehen die USA und Großbritannien da. Die Summe der ausländischen Direktinvestitionen in die USA verringert sich rasant von nahezu 460 Milliarden US-Dollar 2016 auf nur noch 275 Milliarden Dollar 2017. Einer der Hauptgründe für die gesunkene US-amerikanische Anziehungskraft liegt nach den Berechnungen der Unctad-Ökonomen im robusten Vorgehen der Behörden gegen Steuervermeidung. Die Regulierungen gegen die Trickser wurden zwischen 2014 und 2016 eingeführt, von der Regierung des Präsidenten Barack Obama. Die USA blieben 2017 jedoch wie im Vorjahr die Topdestination für internationale Investoren.

Tief fiel auch Großbritannien. Der Sturz war so krass, dass die Unctad das Brexit-Land überhaupt nicht mehr in den Top 20 der attraktivsten Standorte für grenzüberschreitende Direktinvestitionen führt. Der anstehende Rückzug der Briten aus der EU dürfte für den Fall mitverantwortlich sein. Nach wie vor in der Gunst steht China, das mit einem kleinen Plus bei den Investitionen von Platz drei auf den zweiten Rang hinter den USA kletterte. (Jan Dirk Herbermann, 6.6.2018)