Der Lobautunnel sei ein Magnet für noch mehr Verkehr, befürchten die Wiener Grünen. Bei der Landesversammlung am Samstag beschließen sie Maßnahmen dagegen.

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Wien – Die Website mutet an, als wäre sie die private Initiative von Anrainern. "Nobau" ist zu lesen – man spricht sich gegen die Errichtung des Lobautunnels aus. Vor zwei Wochen gab das Bundesverwaltungsgericht grünes Licht für den Bau des 19 Kilometer langen S1-Abschnitts.

Auf Nobau steht nun, dass die Autobahn den Nationalpark in Gefahr bringt, das Wiener Trinkwasser gefährdet und den Autoverkehr nach Wien schaufelt. Leute werden dazu aufgerufen, aktiv zu werden: Man solle der Initiative auf Facebook folgen. Außerdem werden Druckvorlagen für Transparente angeboten. Im Impressum erfährt man, dass die Wiener Grünen hinter der Website stehen.

Eine Sprecherin der Grünen sagt, man wolle sich "in einer breiten Allianz der schwarz-blauen Betonpolitik entgegenstellen". Nobau richte sich an Zivilgesellschaft und Umwelt-NGOs.

Auch Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ist nach wie vor gegen die Errichtung. "Der Jubel ist verfrüht. Weitere nachgereihte Verfahren sind im Laufen", sagt sie zum STANDARD. Der Lobautunnel sei ein teures Prestigeprojekt, dessen Planung aus dem letzten Jahrtausend stamme.

Ihren Vorschlag einer Citymaut, "um die tägliche 700 Kilometer lange Blechlawine in den Griff zu bekommen", verteidigt sie. "Bis jetzt habe ich nur gehört, was alles nicht geht. Sobald Einigkeit darüber herrscht, dass wir diesen Weg verfolgen wollen, werde ich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben und anschließend gemeinsam umsetzen."

Wiens neuer Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ist ein Befürworter des Lobautunnels. Ob die Koalition deshalb vor einer Bewährungsprobe stehe? "We agreed to disagree", sagt Vassilakou. "Wir sind Vertreter zweier unterschiedlicher Parteien und haben bei diesem Thema unterschiedliche Standpunkte. Darüber herrscht koalitionäre Einigkeit."

Erinnerung an Hainburg

Am Samstag treffen sich die Wiener Grünen zur Landesversammlung, wo ein Leitantrag beschlossen wird, der Ludwig aber sehr wohl sauer aufstoßen könnte. Die Grünen adressieren zwar Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), die Errichtung des Lobautunnels bezeichnen sie aber als eine "Verschwendung von Steuergeld". Mit den dafür notwendigen drei Milliarden Euro könne man 46 "supermoderne" Campusschulen bauen oder 300 neue U-Bahn-Züge auf Schiene bringen.

Wie auf der Nobau-Website wird auch im Leitantrag zu Engagement aufgerufen: "Was wir vor mehr als 30 Jahren schon geschafft haben, werden wir auch diesmal wieder schaffen", heißt es in Anspielung auf die Besetzung der Hainburger Au im Jahr 1984. Gemeinsam soll die "Zerstörung des Nationalparks Donau-Auen" auch diesmal verhindert werden.

Personelle Weichenstellungen soll es bei der Landesversammlung übrigens noch nicht geben. Vassilakou hat bis dato nicht bekanntgegeben, ob sie sich noch einmal als Spitzenkandidatin bewerben wird. Am Samstag wollen die Wiener Grünen ihre Listenwahl reformieren und entsprechende Beschlüsse fassen. Wie der neue Modus für die Bestimmung der Kandidatenliste bzw. des Führungsteams für die Wien-Wahl 2020 ausschauen soll, wird noch geheim gehalten.

Listenwahl und Parteispitze

Ziel der Partei ist es offenbar, für die Zukunft sicherzustellen, dass es zu weniger Grabenkämpfen kommt, gleichzeitig soll mehr Mitbestimmung möglich sein.

Vassilakou selbst wollte vor der Parteiversammlung am Samstag nicht Stellung zur neuen Listenwahl beziehen. Sie ist bei den Grünen nicht unumstritten. Im Vorfeld der Wien-Wahl 2015 hatte sie angekündigt, bei Verlusten zurückzutreten. Die Grünen verloren an Prozenten, aber nicht an absoluten Stimmen – Vassilakou kehrte der Politik nicht den Rücken. Im vergangenen Jahr war sie mit heftiger Kritik in Sachen Hochhausprojekt am Heumarkt konfrontiert. In einer Mitgliederbefragung sprach sich die Mehrheit der grünen Basis gegen die Errichtung des 66-Meter-Turms aus. Vassilakou zog die Pläne zur Errichtung zum Ärgernis vieler Grüner dennoch durch.

Intern ist der Machtkampf für die Parteispitze im Gange: Als mögliche Kandidaten gelten Klubobmann David Ellensohn, Gemeinderat Peter Kraus oder Landessprecher Joachim Kovacs. (Rosa Winkler-Hermaden, 7.6.2018)