Allein der Anblick der Zahnarztwerkzeuge löst Angst aus. Sie lässt sich aber durch einen Handgriff mildern. Ein Glück, dass die Assistentin meines Zahnarztes empathisch ist.

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Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Manchmal muss sie selbst zum Arzt.

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Einmal im Jahr muss man zum Zahnarzt, das wurde mir erzieherisch eingebläut. Zwölf Monate ohne Zahnschmerzen sind schnell vorbei. Jedes Mal wieder gehe ich nicht gerne hin, obwohl ich meinen Zahnarzt mag und im Wartezimmer immer sehr gute Zeitschriften aufliegen. Beides kann meine Unruhe nur minimal dämpfen, man weiß schließlich nie, was so eine Kontrolle ans Tageslicht bringt.

Vielleicht hat es auch mit dem Zahnarztsessel zu tun. Mit den Röntgenbildern, die meinen Schädel zeigen. Da sitze ich dann und schaue mir an, wie viele Zähne bereits Plomben haben und wurzelbehandelt sind.

Schön also, wenn die Zahnarztassistentin gute Stimmung verbreitet, weil "der Herr Doktor" noch ein bisschen braucht. Sie hat einen dicken Kopf wegen des schwülen Wetters, erzählt sie. Die Info mochte ich. Es setzte mich und sie auf ein gleiches Level.

Aber dann ging es schon los. Der Sessel wird gekippt, ich mache den Mund auf: "Na, dann schauen wir einmal." Mit dem spitzen Stichel werden meine Zähne abgetastet, und immer wieder bläst der Herr Doktor kalte Luft auf einen Zahn, den er der Faulheit verdächtigt.

Gegen die Angst

"Tut das weh?", fragt er. Ich möchte Nein sagen, damit ich schnell wieder weg kann. Aber plötzlich spüre ich die Hand der Zahnarztassistentin auf meiner Schulter. Warm und schwer liegt sie da und gibt mir ein gutes Gefühl. Ich konzentriere mich auf diese schöne Wärme, die Zahnarzthelferin weiß ganz offensichtlich, welche Abschnitte in der Behandlung die unangenehmsten sind. Immer dann war sie da, diese Hand. Und insgesamt war dann alles sehr schnell vorbei.

Das nächste Mal werde ich mir diese wunderbare Assistentin wieder wünschen. Ich hoffe, das geht. Denn Berührung in Situationen von Angst haben auf mich ganz offenbar eine beruhigende Wirkung. So beruhigend, dass ich mich auch mit einem Bohrer am Zahn geborgen fühlen kann. Handauflegen als emotionale Beruhigungsspritze also: Damit erstaune ich mich selbst.

Wer mehr über die Macht der Berührung und den Tastsinn lesen will, sollte sich Martin Grundwalds "Homo hapticus" zu Gemüte führen. Er könnte den Beruhigungsfaktor mittels EEG in meinen Hirnströmen vielleicht sogar messen. Mein Zahnart hat kein EEG, sonst könnte er Evidenz für das Handauflegen sammeln. (Karin Pollack, 10.6.2018)