Gefangene Taliban-Kämpfer in Jalalabad.

Foto: APA/AFP/NOORULLAH SHIRZADA

Kabul – Afghanistans Präsident Ashraf Ghani hat eine einwöchige Waffenruhe zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan angekündigt. Die Feuerpause im Konflikt mit den radikalislamischen Taliban soll vom 12. bis 19. Juni dauern, wie Ghani am Donnerstag erklärte. Unklar blieb zunächst, ob die Taliban der Waffenruhe zustimmen.

Es wäre die erste Waffenruhe im Ramadan seit dem Einmarsch der US-Truppen in Afghanistan 2001.

Die vorübergehende Feuerpause solle am 27. Tag des Ramadan beginnen und bis zum fünften Tag des Eid-al-Fitr-Fests des Fastenbrechens gelten, kündigte Ghani im Kurzbotschaftendienst Twitter an. Er wies die afghanischen Sicherheitskräfte an, in dieser Zeit alle Angriffe auf die Taliban zu stoppen. Die Einsätze gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und andere Terrorgruppen wie Al-Kaida sollen aber fortgesetzt werden.

Taliban warten ab

Die Taliban äußerten sich zunächst nicht dazu, ob sie das Angebot annehmen. Ihr Sprecher Sabihullah Mujahid sagte der Nachrichtenagentur AFP, er müsse erst Rücksprache mit der Taliban-Führung halten.

Die Taliban führen derzeit ihre alljährliche "Frühjahrsoffensive" gegen die afghanische Regierung. Sowohl die Taliban als auch die IS-Miliz haben in den vergangenen Monaten mehrfach schwere Anschläge in der afghanischen Hauptstadt Kabul verübt, bei denen zahlreiche Zivilisten getötet wurden.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte Ghanis Ankündigung einer Waffenruhe. "Dies ist ein positiver Schritt auf dem Weg zum Frieden", erklärte er in Brüssel. Die Nato unterstütze einen von Afghanistan geführten Friedens- und Versöhnungsprozess. Mit ihrer Präsenz in dem Land helfe die Nato, das Land zu stabilisieren und den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, erklärte Stoltenberg.

Friedensgespräche

Ghani hatte den Taliban Ende Februar Friedensgespräche angeboten. Die Aufständischen könnten als politische Partei anerkannt werden, wenn sie einer Waffenruhe zustimmten und die afghanische Verfassung und Regierung offiziell als gültig und legitim anerkennen würden, sagte der Präsident. Die Taliban gingen nicht offiziell auf das Angebot ein, die tödlichen Angriffe nahmen seitdem sogar zu.

In der vergangenen Woche hatte das US-Verteidigungsministerium dann bekanntgegeben, dass ranghohe Vertreter der Taliban und der afghanischen Regierung über eine Waffenruhe verhandelten. "Hinter den Kulissen gibt es viele diplomatische Aktivitäten und Gespräche", sagte US-General John Nicholson.

Geistliche verurteilten Selbstmordanschläge

Am Montag hatten afghanische Geistliche zudem eine Fatwa gegen den gewaltsamen Konflikt in ihrem Land ausgesprochen. Der Ulema-Rat, wie das Spitzengremium der afghanischen Geistlichkeit heißt, stufte Selbstmordanschläge und Attentate als "haram", also nach islamischer Lehre verboten ein.

Kurz darauf wurde der Versammlungsort von einem Selbstmordattentäter angegriffen, sieben Menschen wurden getötet. Zu dem Anschlag bekannte sich die IS-Miliz. Selbst wenn die Taliban der Waffenruhe zustimmen sollten, dürfte sich die Sicherheitslage in Kabul also nur geringfügig verbessern.

Beobachter sehen Ghanis Angebot ohnehin skeptisch. Der Kabuler Politologe Harun Mir hält es für "äußerst unwahrscheinlich", dass die Taliban der Waffenruhe zustimmen. Er spricht von einer "symbolischen" Ankündigung, mit der Ghani versuche, "seine politische Position zu stärken und sich selbst als ernsthafteren Friedensstifter darzustellen".

Der Taliban-Experte Rahimullah Yusufzai aus dem pakistanischen Peshawar stimmte dieser Einschätzung zu. Über eine Waffenruhe werde normalerweise verhandelt, sagte Yusufzai AFP. Ghanis Ankündigung sei aber einseitig. Von einer positiven Antwort der Taliban sei daher nicht auszugehen. (APA, AFP, 7.6.2018)