Wissenschaftstheoretiker Franz M. Wuketits ist gestorben.

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Wer Zoologie, Paläontologie, Philosophie und Wissenschaftstheorie studiert, will sich offensichtlich mit der Tiefe eines Fachs nicht begnügen und hat es auf Grenzüberschreitungen abgesehen. Selbiges tat Franz M. Wuketits aus Parndorf im Burgenland während seines Studium an der Universität Wien in den 1970er-Jahren besonders intensiv. Die Philosophie der Biologie hatte es ihm angetan. Ein Fach, das sich jahrelang vor allem mit Evolutionstheorie beschäftigte, heute ein Ort für Reflexionen mehrerer biologischer Theorien ist und ein zentrales Thema in der Bioethik gefunden hat. Darüber hat Wuketits übrigens eines seiner über 40 Bücher geschrieben.

Bioethik, eine kritische Einführung (2006) wurde etwa von der Neuen Zürcher Zeitung als gelungener Versuch gelobt, "Moralphilosophie mit Erkenntnissen und Anforderungen moderner Naturwissenschaften zu verbinden". Die Frankfurter Allgemeine warf Wuketits Vereinfachung vor, und schrieb von einem "stramm darwinistischen" Zugang des Autor. Andere Bücher fanden ungeteiltere Akzeptanz bei Rezensenten: Der Tod der Madame Curie ist eine Sammlung von Lebensgeschichten von Wissenschaftern, die ihrer Forschung zum Opfer fielen. Lob der Feigheit, Der Affe in uns und Warum uns das Böse fasziniert sind andere Titel auf der langen Liste.

Lehrte in Wien und Graz

Das Initial des zweiten Vornamens, M., bedeutete Manfred, so nannten Freunde den Wissenschafter, der auf insgesamt 500 Publikationen verweisen konnte. Wuketits, ein Wissenschafter, der gerne und ausgiebig diskutierte, war ein angesehener Hochschullehrer an den Unis in Graz und Wien, hatte Gastprofessuren u.a. an der Universität der Balearen in Palma de Mallorca, war Gründungs- und Vorstandsmitglied am Konrad-Lorenz-Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung, heute in Klosterneuburg: Das ist eine internationale anerkannte Denkwerkstatt für Theoretische Biologie.

Wuketits sah sich selbst auch als Wissenschaftsvermittler für die Öffentlichkeit. Nicht ohne Grund gewann er 1981 auch den Österreichischen Staatspreis für Wissenschaftspublizistik. Der Autor als Wissenschafter, der Wissenschafter als Autor mit einem gewissen Hang dazu, die Öffentlichkeit zu überraschen. So war Wuketits Mitbegründer der Initiative "Men Veto", die sich gegen Bevormundungen durch den Staat wehrte.

Damals sagte er im STANDARD: "Der Kontrollwahn der Politik führt dazu, dass jeder Lebensbereich, auch der private, in immer höherem Maß reguliert wird. Dies hat nicht nur eine sukzessive Entmündigung der Bürger, sondern eine regelrechte Infantilisierung der Gesellschaft zur Folge."

Österreichische Brauereien und internationale Tabakkonzerne finanzierten die Initiative, die zum Beispiel gegen "Mentholzigarettenverbot" auftrat. Die Website ist mittlerweile inaktiv. Zuletzt gab der Wissenschafter einem Drang zum Literarischen nach: Mit Pessoa in den Baumarkt, erschienen 2015, ist ein Roman und brachte den Kurier zu Formulierungen wie "Das Hirn juchzt".

Wuketits war, wie ein Wegbegleiter, der Philosoph Michael Schmidt-Saloon, in einem Nachruf schreibt, ein "unverbesserlicher Freigeist". Am Mittwoch verstarb er nach langer, schwerer Krankheit. (red, 7.6.2018)