Minneapolis – Nur ein Zusammentreffen günstiger Umstände hat zustande gebracht, was eigentlich gar nicht möglich sein sollte: nämlich einen einzelnen Stern in einer Entfernung zu identifizieren, die selbst Galaxien zu Punkten zusammenschrumpfen lässt. Neun Milliarden Jahre hat das Licht gebraucht, um von diesem Stern bis zu uns zu gelangen, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin "Nature Astronomy". Er ist hundertmal weiter von uns entfernt als die bisherigen Rekordhalter – zumindest, wenn man Supernovae nicht mitrechnet.

Gravitationslinseneffekt

Die Wissenschafter um Patrick Kelly von der University of Minnesota tauften den Stern Icarus. Seine offizielle Bezeichnung lautet unaussprechlicherweise "MACS J1149+2223 Lensed Star 1" und verweist damit auf das kosmische Objekt, das seine Entdeckung überhaupt möglich gemacht hat: MACS J1149+2223 ist ein etwa fünf Milliarden Lichtjahre von uns entfernter Galaxienhaufen, der mit seiner Masse als Gravitationslinse fungierte und das Licht des Sterns konzentrierte.

Zusätzliche Verstärkung brachte in diesem Fall ein Einzelstern im Bereich des Clusters, der sich just im Beobachtungszeitraum durch das Sichtfeld bewegte – ein Fall von sogenanntem Microlensing. Ohne diese doppelte Bündelung, die das Licht etwa um den Faktor 2.000 verstärkte, hätte der Stern weder vom Hubble-Teleskop noch von den anderen Teleskopen wahrgenommen werden können, die nach der ersten Sichtung im Jahr 2016 auf die betreffende Himmelsregion im Sternbild des Löwen gerichtet wurden.

Längst vergangene Pracht

Nicht dass der Stern leuchtschwach wäre: Es handelt sich um einen Blauen Überriesen ähnlich dem bekannten Stern Rigel. Solche Giganten können einige 100.000 Mal heller strahlen als die Sonne – über so enorme Distanzen bleibt aber auch von einer solchen Leuchtkraft unter normalen Umständen nichts mehr übrig, das wir beobachten könnten.

Einige Indizien sprechen laut den Forschern dafür, dass es sich um ein binäres Sternsystem handelt, also dass Icarus einen Partner hat. Sicher ist aufgrund der enormen Entfernung und damit verbunden der inzwischen verstrichenen Zeit aber nur, dass Icarus längst nicht mehr existiert. (red, 8. 6. 2018)