Wenige Jahre nach der ersten Silicon-Valley-Medien-Revolution kommen, je nach Reichweite, 50 bis 80 Prozent der Leser heimischer News-Apps und -Websites von Google, Facebook, Twitter und Co. Die Abhängigkeit unserer Presse von den großen digitalen Netzwerken wurde erdrückend und nimmt weiter zu. Viele Verlage fordern daher ein starkes Leistungsschutzrecht, das verhindern soll, dass Silicon-Valley-Netzwerke eigene Inhalte monetarisieren. Einige wenige haben verstanden, dass das nicht reichen würde, und reisten nach Kalifornien, um "von den Besten zu lernen". Und sehen wir uns beliebige News-Apps an, kopiert einer vom anderen und ist relativ unempfindlich, wenn es um die Rechte dieser (technischen) Urheber geht.

Echte (also disruptive) Innovationen mit neuer Nutzenstiftung hervorzubringen, das traut man sich selbst nicht zu. Gleichzeitig werden en masse die besten Bilder von Instagram abgegrast und die eigenen Artikel auf Facebook und Twitter geteilt, um ja genug Reichweite zu erzielen. Man füttert und nutzt die Technologien und die Kultur, die man so hasst, fürchtet und bekämpft.

Nächste Revolution

Und während EU-Kommissar Oettinger nun erneut einen Anlauf wagt, um ein stärkeres Leistungsschutzrecht einzuführen, arbeitet das Valley an der nächsten Revolution: den AI-basierten Medienalgorithmen, die selbstständig formulieren und aggregieren. Und dagegen wird selbst das schärfste Leistungsschutzrecht machtlos sein. Der Spruch "Kalifornien hat die besten Softwareentwickler, Europa die schärfsten Gesetze" sollte zum Nachdenken anregen.

Dort, wo unsere Gesetze gebrochen werden, wo Hass und Diffamierung in sozialen Medien nicht mehr Einhalt geboten und die Demokratie unterwandert wird, dort braucht es unbestritten den Staat und Regulierung. Aber uns muss klar sein: In der digitalen Medienwelt gibt es Österreich als nationale Klammer oder beschränkbaren Markt nicht mehr.

Es gibt nur einen globalen Markt mit wenigen starken und vielen schwachen Teilnehmern. Wir haben künftig nur dann eine Chance, wenn wir einzementierte Ordnungen durch neue Allianzen mit fähigen Partnern ersetzen. Es braucht einen radikalen Umbau der Verlage zu innovativen digitalen Medienhubs und den Mut, in eigene wirklich innovative "Destinations" zu investieren. (Michael Hirschbrich, 8.6.2018)