Kürzlich erst in Wien: Russlands Präsident Wladimir Putin signalisierte Kanzler Sebastian Kurz Bereitschaft, bald wiederzukommen.

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Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November 2016 hat es zwischen ihm und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin noch kein eigenes bilaterales Gipfeltreffen gegeben. Die beiden sprachen nur im vergangenen Juli am Rande des G20-Treffens in Hamburg miteinander – bei einer Wirtschaftskonferenz in Vietnam im November schüttelten sie einander nur die Hände.

Mehr direkten Kontakt gab es in fast eineinhalb Jahren nicht, was Putin nach seiner Wiederwahl zuletzt in einem ORF-Interview vor seinem Kurzbesuch in Wien Anfang der Woche bedauerte: Er sei jederzeit bereit, sich mit dem US-Präsidenten zu treffen, um über alle Problemfelder zu reden.

Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist so schlecht wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. Diese neue "Eiszeit" könnte nun zu Ende gehen, sollten verschwiegene diplomatische Vermittlungsversuche zwischen Moskau und Washington in den nächsten Wochen Erfolg haben. Wien als Begegnungsort und das Bundeskanzleramt könnten dabei erneut eine Rolle spielen.

Wie das Wall Street Journal am Freitag unter Berufung auf "einen europäischen Diplomaten" berichtete, soll der russische Präsident Bundeskanzler Sebastian Kurz gebeten haben, ein Treffen mit Trump zu organisieren.

"Momentan kein Kommentar"

"Die Österreicher haben ihren Willen zum Ausdruck gebracht, ein Treffen zwischen Präsident Trump und Präsident Putin auszurichten", zitiert das Blatt einen Beamten des Nationalen Sicherheitsrates in Washington. Aus dem Bundeskanzleramt in Wien gab es keine Bestätigung: "Im Moment gibt es dazu keinen Kommentar", erklärte ein Sprecher. Aus Washington hieß es, man habe schon früher die Möglichkeit eines Treffens erörtert: "Wir haben aber noch nichts anzukündigen."

Am Samstag bestätigte ein Sprecher des Kreml schließlich, dass Wien als eine der möglichen Austragungsstädte für den Gipfel gehandelt wird.

Die Idee, sich in Wien zu treffen, geht auf Putin zurück. Er bevorzugt einen "neutralen Ort", wie der STANDARD erfuhr. Umgekehrt kann Trump schwerlich nach Moskau reisen. Er hat von Vorgänger Barack Obama die Sanktionen gegen Russland nach der Intervention in der Ukraine geerbt, die im Gleichklang mit den EU-Partnern verhängt wurden. Der Syrien-Krieg und die bedingungslose Unterstützung Putins für Machthaber Bashar al-Assad belasten die Beziehung schwer.

Mit Trumps hartem protektionistischem Kurs, durch die Aufkündigung des Iran-Abkommens, das Russland wiederum mit den Europäern aufrechterhalten will, verschärfte sich die Lage noch.

Wie Wien ins Spiel kam

Die USA verhängten nach dem Anschlag auf einen russischen Ex-Spion in London mittels Nerven gases neue Sanktionen. Vor allem aber macht dem US-Präsidenten im eigenen Land die "Russland -Affäre" zu schaffen: FBI-Sonderermittler Mueller untersucht starke Indizien, wonach es eine russische Einflussnahme auf die US-Wahl gegeben haben könnte – Trumps Wahlkampfteam könnte dabei eine schmutzige Rolle gespielt haben.

So kam Wien ins Spiel – Bundeskanzler Kurz wird das nächste Woche am Rande eines Besuches in Berlin mit dem dortigen US-Botschafter Richard Grenell, einem engen Vertrauten Trumps, besprechen. Als positiv wird in Wien gewertet, dass der US-Präsident die Rückkehr Russlands zum Kreis der G7-Staaten fordert. Dafür erntete er in Quebec allerdings eine Abfuhr: Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien wollten Russland nicht wieder aufnehmen.

Als möglicher Termin für einen Gipfel von Trump und Putin in Wien gilt Mitte Juli, da ist der US-Präsident ohnehin in Europa, wegen des Nato-Gipfels in Brüssel. (Thomas Mayer, 8.6.2018)