Blickt Dominic Thiem auf den Pariser Sand, könnte er die Spuren von Thomas Muster sehen.

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Öfters als nach unten schaut er aber nach vorne, in die nächste Runde.

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"Auf Thomas Musters Spuren" – das war der Titel der ersten Geschichte über Dominic Thiem im STANDARD. Es war der 6. Juni 2011, Thiem hatte wie Muster 1985 das Juniorenfinale der French Open verloren. Er ist der Fährte weiter gefolgt, am Freitag zog der 24-Jährige ins Finale von Roland Garros ein. Dort gewann Muster 1995 als bisher einziger Österreicher das Einzel eines Grand-Slam-Turniers.

2011 waren die großen Investitionen der Familie Thiem das Thema: Die Ausbildung des Burschen kostete etwa 80.000 Euro pro Jahr, gestemmt wurden sie von Papa Wolfgang und Mama Karin mit Unterstützung von Verwandten. Die Eltern arbeiteten als Tennislehrer, Thiem wurde in den Sport hineingeboren, wuchs am Court auf, schlug eineinhalbjährig mit Fliegenklatschen nach Luftballons. Mit zehn Jahren begann die Zusammenarbeit mit Günter Bresnik, der Trainer und Manager begleitete den Lichtenwörther bis an die Weltspitze.

Der erste große Sieg

Zurück ins Jahr 2011: Der Junioren-Finalniederlage von Paris folgte eine Wild Card für das Stadthallenturnier, die Auslosung war hollywoodreif: Der damals 18-jährige Thiem beendete in der ersten Runde die Karriere des 44-jährigen Thomas Muster. Das Talent schien einen Muster-haften Weg vorzuzeichnen. Es hätte schneller gehen können, wären da nicht die Campylobacter-Bakterien gewesen, die sich Thiem 2010 eingefangen und drei Jahre lang unentdeckt im Körper getragen hat. "Er hat Blut erbrochen und hatte es im Stuhl und hat das nicht gesagt, weil er Angst gehabt hat, dass er nicht Tennis spielen darf", sagte sein Kurzzeit-Konditionstrainer Sepp Resnik.

2013 wurden die Bakterien gefunden, Thiem war vier Wochen im Spital. "Es ging mir schlecht", sagt er. "Er ist von den Toten auferstanden", sagt Bresnik, nicht zu verwechseln mit Resnik. Letzterer ließ Thiem Baumstämme durch den Wald tragen, baute den ausgelaugten Körper auf.

Und wie: 2015 gewann der Schulabbrecher in Nizza sein erstes Turnier auf der World Tour, mittlerweile sind es zehn. Der Weltranglisten-Achte ist seit Anfang 2017 mit der französischen Weltranglisten-31. Kristina Mladenovic liiert, er lernt Französisch, "Kiki" Deutsch, man unterhält sich auf Englisch, sie wird ihn beim Finale anfeuern. "Die French Open zu gewinnen wäre der größte Traum meiner Tenniskarriere", sagte Thiem einst. Ein Spiel fehlt noch. (Martin Schauhuber, 8.6.2018)