Ernst Minar hat eigentlich viel zu viel Spaß für einen Unternehmer seines Kalibers. In den vergangenen 18 Jahren hat der Wiener die Luxus-Fitnesskette John Harris aufgebaut. Hierher kommen Kunden, denen es gefällt, umgeben von goldenen Samtvorhängen, Kristalllüstern und Pools zu schwitzen. Zum Interview empfängt er schweißfrei im eleganten Anzug.

STANDARD: Trainieren Sie überhaupt selbst?

Minar: Ich trainiere zwei-, dreimal die Woche. Seit ich Student war, habe ich das gleiche Körpergewicht. Der Herr, der mir die Hemden macht, sagt, ich bin der Einzige, bei dem er seit über 30 Jahren keine neuen Maße nehmen muss.

Zwei- bis dreimal die Woche trainiert er selbst. "Man kennt mich," sagt Minar selbstbewusst.
Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Wie sind Sie dazu gekommen, eine Fitnessstudiokette zu gründen?

Minar: Ich habe 25 Jahre in der amerikanischen Pharmabranche gearbeitet und bin darauf gekommen, dass das beste Medikament Fitnesssport ist. Im Jahr 2000 habe ich ein kleines Fitnessstudio in Wien am Schillerplatz gekauft. Heute ist es mit 7000 Quadratmetern das größte unserer Studios. Nächstes Jahr werde ich zum ersten Mal über die Grenzen gehen – die wollen mich unbedingt in Bratislava haben.

STANDARD: Der Name John Harris ...

Minar: ... klingt besser wie Minar Fitness. Ich habe ihn mit dem ersten Studio gleich mitgekauft. So, wie man bei uns Meyer oder Müller heißt, heißen in Amerika wahnsinnig viele Menschen John Harris, da kann sich jedermann mit identifizieren.

STANDARD: Was ist die Firmenphilosophie von John Harris?

Minar: Von allem das Beste nehmen und dann mit anderen Menschen teilen, sodass sie gesund, fit und jung bleiben.

STANDARD: Beim Gang durchs Studio wurden Sie von etlichen Trainierenden begrüßt ...

Minar: Man kennt mich. Ich bin sehr viel unten in der Lounge. Wenn ich bei den Menschen bin, höre ich, was sie wollen.

STANDARD: Das klingt eher ungewöhnlich.

Minar: Ich habe John Harris nicht gemacht, um Gewinn oder Wachstum zu maximieren. Ich habe bisher nicht einen Euro aus dem Unternehmen rausgenommen, alle Gewinne zu 100 Prozent reinvestiert. Wenn es was Tolles gibt am Markt – dann kaufe ich es, das macht mir Spaß. Wir haben ein Solarium zum Beispiel, das hat 43.000 Euro gekostet, es soll Collagen bilden und zur Hautverjüngung beitragen. Ich lege mich ja selbst in das Solarium, da sage ich halt: "Ich kaufe natürlich das Teuerste, das Beste, was es gibt!"

STANDARD: Gab es in Ihrer Familie schon andere Unternehmer oder sind Sie da Pionier?

Minar: Mein Vater war immer Unternehmer, und meine Mutter hat Medizin studiert. Ich wollte immer auch selbstständig sein. Ich habe dann neben meiner Karriere in der Pharmaindustrie dieses Unternehmen aufgebaut, erst seit circa zehn Jahren nimmt es einen Großteil meiner Zeit in Anspruch.

Ernst Minar studierte Wirtschaft und arbeitete in der Pharmaindustrie, bevor er in die Fitnessbranche einstieg.
Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Ihre Studios haben optisch einen sehr ausgefallenen Stil. Woher nehmen Sie die Inspiration?

Minar: Auf meinen vielen Geschäftsreisen nach Asien oder Amerika habe ich mir immer angeschaut, wie andere es machen. Mein Konzept, die Kombination aus Medical Center mit Fitnesscenter, ist jedoch einzigartig. Alle meine großen Studios sind so aufgebaut, mit Orthopäden und Internisten. Ich nehme mir viel Zeit, meine Studios zu gestalten – da gibt es zum Beispiel eine drei Meter hohe Buddhafigur in Köln, mit Goldblättchen überzogen, die hätte ich gerne. Je schöner ein Fitnessstudio ist, desto lieber trainiert man.

STANDARD: Was hat sich in der Branche im letzten Jahrzehnt geändert?

Minar: Heute geht's viel mehr um das Ganzheitliche. Früher waren es Muckibuden mit 90 Prozent Männern. Heute haben wir auch viele Frauen. Leute, die es sich leisten können, gehen heute gerne in ein gutes Studio, obwohl für Einsteiger auch die Billigstudios Sinn machen.

STANDARD: Sie sehen sich also nicht von Instagram-Fitnessstars bedroht, die Millionen von Anhängern predigen, man brauche gar keine Geräte?

Minar: Zu dieser Art von Home-Training gehört sehr viel Disziplin, normalerweise funktioniert das nicht. Ein Fitnessgerät für zu Hause wird meist zehnmal verwendet, und dann werden da Anzüge drangehängt. Bei uns haben schon Kanzler trainiert, Minister, die sehr wenig Zeit haben und wissen: Effizient trainiere ich im Studio. Bei uns kann man im "Zirkel" in 16 Minuten alle Muskeln trainieren.

STANDARD: Wie gehen Sie mit den Themen Digitalisierung und Automatisierung um?

Minar: Ich schließe nicht aus, dass in zehn Jahren auch bei uns im Studio Roboter stehen und die Handtücher ausgeben. Aber um fit zu bleiben, muss man selbst trainieren – das kann einem keine App der Welt abnehmen.

STANDARD: Wie einfach ist es, genug geeignete Mitarbeiter zu finden?

Minar: Ich tue mich in Graz und in Linz wesentlich leichter wie in Wien. In Wien wollen viele nur Teilzeit arbeiten oder sechs Monate im Jahr reisen, es ist nicht einfach.

STANDARD: Ist Österreich unternehmerfreundlich?

Minar: Jede Woche ist die Ringstraße gesperrt, das ist nicht unternehmerfreundlich. Vor zehn Tagen erst habe ich an die Vizebürgermeisterin geschrieben, der ganze Schillerplatz war aus einem unwichtigen Grund gesperrt. Eine Zeitlang wurde auch alles sehr bürokratisch, aber dieser Negativtrend wurde etwas gestoppt – ich sehe wieder Besserungen. (Jedidajah Otte, 10.6.2018)