Bereits am Freitag gedachten Menschen der getöteten Susanna.

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Berlin – Der im Nordirak festgenommene Ali B. hat nach Angaben der nordirakischen Polizei die Tötung der 14-jährigen Susanna aus Mainz gestanden. Der 20-Jährige habe zugegeben, das Mädchen erst vergewaltigt und dann getötet zu haben, sagte der Polizeichef im nordirakischen Dohuk, General Tarek Ahmed, am Samstag in einem Interview des Fernsehsenders Rudaw. Der Tatverdächtige ist am Samstagabend nach Deutschland überstellt worden. In Deutschland löste der Fall eine neue Debatte über die Beschleunigung der Asylverfahren aus.

Die Mutter des Verdächtigen reagierte ungläubig auf die Vorwürfe. "Das ist schwer zu glauben, das kann doch alles nicht wahr sein", sagte Kalida M. in der nordirakischen Stadt Sacho der Deutschen Welle. Ihr Sohn habe ihr versichert, sich nicht an die Tat erinnern zu können, weil er zu betrunken gewesen sei. Die Familie habe erst durch die Verhaftung des 20-Jährigen im Irak und die Nachrichten im Internet von den Vorwürfen erfahren. Sie, ihr Mann und die sechs Kinder hätten Deutschland am 2. Juni freiwillig verlassen, weil ihr Mann schwer krank sei.

"Ich wollte nicht, dass er im Ramadan in der Fremde stirbt und ich dann ein schlechtes Gefühl habe", sagte Kalida M. Sie wandte sich gegen eine Auslieferung ihres Sohnes an Deutschland. "Ich will nicht, dass mein Sohn in einem fremden Land bestraft wird. Wenn er wirklich schuldig ist, dann soll er hier im eigenen Land bestraft werden." Sollte er wegen Mordes verurteilt werden, würde Ali B. im Irak die Todesstrafe drohen.

Warnung vor politischer Instrumentalisierung

In Deutschland gab der Fall der Debatte um eine Beschleunigung der Asylverfahren neue Nahrung. "Es darf nicht sein, dass ein abgelehnter Asylbewerber sein Aufenthaltsrecht allein durch eine Klage um deutlich mehr als ein Jahr verlängern kann", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Mathias Middelberg, der "Rheinischen Post". Neben der personellen Ausstattung der Verwaltungsgerichte komme es nun drauf an, "wo wir das Asylprozessrecht verändern müssen", sagte der CDU-Politiker.

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, mahnte, in dem Fall einen kühlen Kopf zu bewahren. "Ich warne vor Schnellschüssen", sagte die Staatsministerin im Kanzleramt in einem Interview des Deutschlandfunks, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. Die Verantwortlichen müssten zwar die volle Härte des Rechtsstaates erfahren. "Dennoch gilt gleichzeitig, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass durch diese Tat Hass in unserem Land gesät wird, dass ganze Gruppen unter einen Generalverdacht gestellt werden."

In Mainz sollten am Wochenende mehrere Demonstrationen zum Fall Susanna stattfinden. Angemeldet waren unter anderem eine Mahnwache der AfD, aber auch eine Gegenkundgebung verschiedener antifaschistischer Gruppen.

Ali B. wird verdächtigt, die Jugendliche vergewaltigt und getötet zu haben. Sie war zwei Wochen lang vermisst worden, bevor ihre Leiche am Mittwoch in einem Erdloch in Wiesbaden entdeckt wurde. Der Tatverdächtige lebte in einer Wiesbadener Flüchtlingsunterkunft. Sein Asylantrag war im Dezember 2016 abgelehnt worden, wogegen er geklagt hat. Gegen ihn laufen mehrere Verfahren, unter anderem wegen des Verdachts auf Raub.

Bevor er zur Fahndung ausgeschrieben wurde, reiste der Mann nach Angaben des Bundesinnenministeriums mit seiner Familie am vergangenen Wochenende legal über den Düsseldorfer Flughafen aus und setzte sich nach Erbil im Nordirak ab. Dort wurde er auf Bitten Deutschlands durch kurdische Sicherheitsbehörden festgenommen. (Reuters, 9.6.2018)