Entzücktes Kreischen. Das bekam der 718 Boxster GTS am Wörthersee bei Reifnitz beifahrerseitig zu hören. Da hantelte er, der Zuffenhausener, sich noch runter ins Friaul. Im kilometerlangen Stau bei Arnoldstein an der Grenze musste das Dach auf: Kann man den Porsche fahrerisch gerade nicht genießen, muss wenigstens ein Sonnenbrand her. Die drei benachbart stauenden blonden Mädels im Ford C-Max kriegten sich vor Entzücken gar nicht mehr ein; vielen Dank für die Unterhaltung auch. Und bevor ich beim Gastgeber in dessen neuem Supertest-Basislager reinschneite, gönnte ich ihm noch ein bisschen Ruhe und schlug erst einmal in Grado ein. Dank Ärztekongresses fiel ein Porsche dort gar nicht auf. Dann rauf nach Görz, rascher zweiter Espresso und dann endlich doch rüber zu Michele.

Sole schnüffelt am Porsche.
Foto: Guido Gluschitsch

Das reichte für ein erstes Résumé – frei nach Thomas Mann: Das ist ein Automobil, welches das Auge zu feuchten vermag. Vor Entzücken. Was für ein Sportwagen. Einfach perfekt. Wie der liegt. Wie der fährt. Wie der lenkt. Wie der nach Kurven giert. Wie der kokett mit dem Bürzel schwingt. Wie der klingt.

Der GTS im schönsten Aggregatzustand, nämlich in Fahrt.
Foto: Guido Gluschitsch

Dabei war gerade das zunächst Anlass für einen jener Glaubenskriege, wie sie für Porsche so typisch sind. Boxermotor? Eh klar. Vierzylinder? Bleibt mir bloß damit vom Leibe. Kling nämlich: bäh. Jetzt ist es so, dass manche eh nicht zu überzeugen sind. Anderen mag der Realitäts-Gegencheck zur Meinungskorrektur verhelfen. Wasdennwasdenn, der klingt ja alles andere als uneben. Dreht man das Lustzuwachsrädchen im Lenkrad auf Sport oder noch eins weiter, wird's noch besser, bollerbollerboller, da bleiben die Passanten ergriffen stehen, die kleinen Bengelinnen und Bengel reißen die Augen auf und die Hand mit gestrecktem Zeigefinger vor: Mama, Papa, schaut, ein Porsche! Als hätten die das nicht bemerkt. Oder in Palmanova, der ältere Italiener, der meinte: "Ferrari." No, no, konterte die bewandtere Gattin, nur die Farbe gehe leicht in die Richtung, ansonsten aber: "Porsche." Nein: "Porsche!"

Die Arbeitszentrale des GTS.
Foto: Guido Gluschitsch

Erstaunlich, denke ich mir dann bei der wilden Jagd zur Wand (okay, da war das Nissan-Pacecar draußen) und von der Wand runter, unterbrochen nur durch Guidos hingebungsvolle Kameraarbeit, dass er auch für die milde Jagd taugt (einen Porsche auch fahrerisch völlig unbedarfte Menschen pilotieren können), er ohne Protzdesign à la Ferrari oder Lambo auskommt – und dass Porsche vor allem uneingeschränkte Sympathiewerte hat. Blick in den Rückspiegel auf der Autobahn: Porsche kommt. Aha, rüber in die rechte Spur, ziehen lassen, Anblick genießen. Wäre das ein Audi, ein BMW, was würde auf die geflucht werden.

Der Kofferraum fasst einen guten Teil der Foto-Trümmer.
Foto: Guido Gluschitsch

Der GTS bildet die höchste Eskalationsstufe des Mittelmotor-Sportlers, mit so vielen Pferden, wie das Jahr Tage hat: 365 (jedes davon kriegt er glaubhaft auf die Straße). Ein Jahreswagen sozusagen. Aber was für einer. (Andreas Stockinger, 11.6.2018)

Anm.: Wir haben die technischen Daten, die in der Ursprungsversion nicht nur falsch durchgerutscht sind, sondern nahe an der Ehrenbeleidigung waren, korrigiert. (glu)

ZWEITE MEINUNG

Der Beste? Der 718er? Da hat der Chef schon recht, nicht nur, was die Dynamik angeht. Aber spätestens wenn beim Autoquartett die Anzahl der Zylinder gefragt ist, ist der Boxster raus, auch wenn er im echten Leben um die R6 und V8 Kreise fährt. Imagemäßig ist der Boxster auch nicht so dings. Da spielt's um einen Lambotschini ein ganz anderes Theater. In meiner Welt ist gerade das ein Pluspunkt, dass nicht jeder gleich hysterisch wird, weil man einen Porsche fährt. Den Besten im Vergleich. (glu)