Rund um das BVT wird es nicht ruhig – nun folgt eine erste Anzeige gegen Belastungszeugen

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Mittlerweile sind gegen nahezu alle Beteiligten in der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Anzeigen eingegangen: Da sind natürlich jene fünf Beamten, gegen die staatsanwaltschaftlich ermittelt wird. Doch auch Belastungszeugen müssen sich auf juristische Vorwürfe gefasst machen. So bestätigte Johannes Neumayer, Rechtsanwalt von einem der BVT-Beamten, Anzeige gegen die Zeugin P. eingebracht zu haben – wegen falscher Zeugenaussage und Verleumdung.

P., selbst Ex-BVT-Mitarbeiterin, war mit einem Mitarbeiter des Innenministeriums als erste Belastungszeugin bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erschienen. Dort hatte sie Angaben zu der Affäre rund um nordkoreanische Passrohlinge, Einladungen des südkoreanischen Geheimdienstes und der Observation der nordkoreanischen Botschaft gemacht.

P. gab bei ihrer zweiten Aussage an, sie sei "ziemlich sicher", dass diese Observation nicht in vollem zeitlichem Umfang vom Rechtsschutzbeauftragten genehmigt gewesen sei. Dass die Oberservation "illegal" sei, schloss sie aus dem Verhalten des Beschuldigten und seines Vorgesetzten zum Umgang mit den Fotos und Videos, die damals gemacht wurden. Beobachtet wurde ein Nordkoreaner, der bei einer Behörde in Wien-Donaustadt gearbeitet und im Botschaftsgebäude in Wien-Penzing gewohnt hatte.

Wer beim Heurigen zahlt

Auch der Vorwurf, der BVT-Beamte habe sich mit Kollegen von den Südkoreanern etwa beim Heurigen einladen lassen, wird in der Anzeige thematisiert. Aus dem BVT ist zu hören, dass bei derartigen Treffen mit ausländischen Kollegen – flapsig nacherzählt – einmal der und einmal der bezahle, zudem gebe es Budgets für derlei Einladungen. Angeblich suchen die Ermittler nun nach Rechnungen bei diversen Heurigen. Das ist, notabene, aber nur ein Gerücht. Die Strafanzeige – für alle hier Genannten gilt die Unschuldsvermutung – richtet sich auch gegen "noch unbekannte Anstifter (vermutlich aus dem Kabinett des Generalsekretärs im Innenministerium, Peter Goldgruber)". Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Zeugin von Personen aus dem Ministerium gebeten wurde, den BVT-Beamten Straftaten zu unterstellen.

Zur Erinnerung: Zeugin P. war – wie ein weiterer der vier "geheimen" Zeugen – zu ihrer ersten Aussage mit Vertrauensperson Udo Lett gekommen, einem Kabinettsmitarbeiter aus dem von Herbert Kickl (FPÖ) geführten Innenministerium. Zeugin P. beantwortete die Frage der Staatsanwältin, wie es eigentlich zu ihrer Aussage gekommen sei, so: "Herr Dr. Lett hat mir einfach gesagt, dass ich heute hierherkommen soll. Ich weiß allerdings noch nicht genau, warum." Im Protokoll einer internen Besprechung im Justizministerium, das STANDARD und Profil vorliegt, gibt die Staatsanwältin an, dass die Zeugin "ängstlich" war und der Eindruck vorherrschte, es liege "eine Drucksituation vor". Die Kontaktaufnahme von BMI-Generalsekretär Goldgruber mit der WKStA wird in diesem Protokoll vom Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek als "Skandal" bezeichnet.

Gridling erneut im Visier

Heftige Kritik an Innenminister Kickl löste ein Bericht des STANDARD aus, dass das Ministerium einen Tag nach der Aufhebung der Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling bereits eine erneute Suspendierung prüfte. Das geht aus einem Aktenvermerk hervor. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Gridlings Suspendierung Ende Mai aufgehoben, eine Woche später war er gemeinsam mit Kickl auf einer Pressekonferenz aufgetreten. Dort gab Kickl bekannt, dass Gridling jetzt eine Reform des BVT leiten soll. SPÖ und Neos fordern nun den Rücktritt des freiheitlichen Innenministers. (gra, fsc, 10.6.2018)