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Der PSA-Konzern hat viel Hoffnung in den iranischen Markt gesetzt – im Bild Präsident Hassan Rohani bei der Werkseröffnung. Die US-Sanktionen machen den Franzosen einen Strich durch die Rechnung.

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Die EU zeigt Flagge. Sie will europäische Firmen mit Gegenmaßnahmen vor amerikanischen Sanktionen schützen. In zwei Monaten soll eine entsprechende Verordnung adaptiert in Kraft treten. Allerdings wird massiv bezweifelt, dass dieses Abwehrgesetz den bereits in Gang gesetzten Rückzug europäischer Unternehmen aus dem Iran stoppen kann.

Das jüngste Beispiel ist der französische Autohersteller PSA mit den Stammmarken Peugeot und Citroën. Er hat vorigen Montag bekanntgegeben, dass er seine beiden Joint Ventures mit iranischen Unternehmen im August aufgeben wird. Dabei verkauft PSA im Iran mehr Fahrzeuge als in jedem anderen Land – nämlich 440.000. Sie machen umsatzmäßig nur ein Prozent des Konzernumsatzes aus, da es sich vor allem um kleinere und ältere Modelle handelt.

Trotzdem ist der Exodus ein harter Schlag für den PSA-Konzern, der in den nächsten drei Jahren mehrere hundert Millionen in iranische Werkstätten investieren wollte. Außerdem hatte er Anfang des Jahres ein Büro in den USA eröffnet, um dort langfristig Fuß zu fassen.

Total, Siemens, Airbus gehen

Seinen Rückzug aus dem iranischen Gasfeld South Pars hat bereits der französische Energiekonzern Total angekündigt. Ähnlich handeln Airbus, Siemens oder die französische Hotelgruppe Accor. Auch der Autobauer Renault könnte sich in Bälde anschließen.

Auffällig ist, dass die französischen Autokonzerne den Zukunftsmarkt Iran aufgeben, ohne direkt von den US-Sanktionen bedroht zu sein: Sie verkaufen keine Fahrzeuge in den Vereinigten Staaten und wickeln die Iran-Geschäfte auch nicht in Dollar oder über eine amerikanische Clearingbank ab.

Trotzdem haben sie nicht lange gezögert, den Vorgaben der Trump-Administration Folge zu leisten. Denn indirekt sind sie trotzdem von den Druckmitteln der US-Handelspolitik betroffen. So hängen sie vom amerikanisch kontrollierten internationalen Zahlungssystem Swift ab. Und vor allem arbeiten sie mit Zulieferern wie Valeo oder Faurecia zusammen, die in den USA eigene Werke mit Tausenden von Mitarbeitern unterhalten. Deren Produkte stecken in jedem Peugeot- oder Citroën-Modell. Renault wiederum arbeitet eng mit der japanischen Marke Nissan zusammen, die den für sie zentralen US-Markt nicht verlieren will.

Kann die Reaktion der EU an dieser Lage etwas ändern? Der Experte David Bauer bringt im Gespräch mit dem STANDARD große Zweifel vor. Das Risiko, vom US-Markt komplett ausgeschlossen oder gar mit exorbitanten Bußgeldern belegt zu werden, sei für die meisten internationalen Konzerne viel zu hoch, schätzt der Leiter des Wien-Büros der Anwaltskanzlei DLA Piper in Österreich.

EU-Schutz nicht ausreichend

Der Schutz der Betriebe durch die EU sei nicht ausreichend, meint Bauer: "Die extraterritoriale Sanktionspolitik der USA greift hier sehr weit."

Dass die EU-Kommission all diese Risiken abdecken kann, glaubt der Anwalt nicht, nachdem sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bereits entsprechend geäußert hatte. Bauer erinnert an die Strafe für die französische Bank BNP Paribas, die 2014 fast neun Milliarden Dollar wegen Verstoßes gegen die US-Sanktionen gegen den Iran abgelegt hat. Damit würden die Möglichkeiten der Union klar gesprengt.

Das dürfte auch für die Linzer Oberbank gelten, die ein Kreditrahmenabkommen mit Teheran abgeschlossen hat. Lediglich Unternehmen ohne jeden USA-Bezug – also weder Dollar-Transaktionen noch Exporte noch Zulieferung aus den Vereinigten Staaten – könnten Geschäfte mit dem Iran wagen, meint Bauer.

In der Zwickmühle

Die Unternehmen kommen damit in die Zwickmühle, denn streng genommen können sie bestraft werden, wenn sie sich an US-Sanktionen halten. Zu diesem paradoxalen Umstand kommt es laut Bauer zum Beispiel, wenn eine europäische Bank eine Transaktion im Namen eines Exporteurs nicht durchführt, weil sie Strafen und einen Ausschluss vom amerikanischen Markt fürchtet. Allerdings gehen die meisten Experten davon aus, dass die Verordnung nicht allzu strikt vollzogen wird. (Andreas Schnauder, Stefan Brändle aus Paris, 10.6.2018)