Kanzler Kurz in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

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Deborah Hartmann von der International School of Holocaust Studies, die durch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem führte, musste sich nicht in Diplomatie üben. Es beunruhige sie, dass es bis heute Menschen gebe, denen "man erklären muss, was die Shoah überhaupt ist". Konkret meinte sie damit FPÖ-Funktionäre in Österreich und die zahlreichen antisemitischen Vorfälle der jüngsten Zeit. Ihre Worte richtete sie an den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz – auf Arbeitsbesuch in Israel und in einer Koalition mit der FPÖ.

Oskar Deutsch, mitgereister Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, sprang dem Kanzler bei: Kurz, der erstmals in seiner neuen Funktion Israel besucht, sei für ihn ein Garant gegen Antisemitismus in Österreich. Kurz selbst betonte, wie wichtig der Kampf gegen in Europa wiedererstarkenden Antisemitismus sei.

Zugang zu Wiener Akten

Österreich sei sich viel zu spät seiner Geschichte und Verantwortung bewusst geworden, so Kurz. Als längst überfällig bezeichnete er auch das bei dieser Gelegenheit unterzeichnete Grundsatzabkommen, das Yad Vashem den Zugang zum Österreichischen Staatsarchiv und zur Mauthausen-Gedenkstätte ermöglicht.

Später, bei einem Treffen mit österreichischen Holocaust-Überlebenden, verspricht Kurz den anwesenden Mitgliedern, sich auch während des EU-Vorsitzes Österreichs dafür einzusetzen, dass das "besondere Sicherheitsbedürfnis Israels" in Europa ernster genommen werde. Eine Ankündigung, die die Pensionisten hier gerne hören. Jeder Einzelne von ihnen hat eine Lebensgeschichte, die Bücher füllt und die historische Schuld Österreichs vor Augen führt.

So wie Zwi Nigal, der als Hermann Heinz Engel im zweiten Wiener Gemeindebezirk aufwuchs und 1939 als 15-Jähriger allein nach Israel aufbrach. Der Vater starb in Auschwitz. Mit Österreich habe er sich inzwischen ausgesöhnt. Das ginge nicht allen so. Viele, bedauert er, hätten es nie geschafft, nach dem Erlebten ein normales Leben zu führen. (Manuela Honsig-Erlenburg aus Jerusalem, 10.6.2018)