Alexander Kristen, Ex-Volleyballspieler, war bisher Österreichs größter legaler Produzent von Cannabis. Jetzt schlägt er seine Zelte in der Toskana auf und will von dort aus ganz Europa auch mit medizinischem Hanf beliefern. Von Österreich aus wäre das nicht möglich.

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Dass er sich nicht leicht aus der Bahn werfen lässt, hat Alexander Kristen nicht nur im Sport unter Beweis gestellt, sondern auch im Berufsleben. Der frühere Leistungssportler hat sich allen Widrigkeiten zum Trotz zu Österreichs größtem legalem Produzenten von Cannabis emporgearbeitet. Jetzt kehrt er Österreich den Rücken und zieht samt Hanfstecklingen in die Toskana.

Als Grund für die Flucht gab der Mittvierziger in der Presse am Sonntag die Rolle rückwärts an, die von Türkis-Blau in Sachen Cannabis versucht werde. Italien sei diesbezüglich liberaler. Hanfstecklinge seien dort nicht nur als Zierpflanzen erlaubt; anders als in Österreich könnten auch die Blüten in Apotheken verkauft werden. Weil er mit seinem Unternehmen Flowery Field expandieren wolle, könne er nicht zuwarten, bis in Österreich auch noch das bisher Erlaubte verboten werde.

Wirtschaftliche Überlegungen

Der Umzug nach Bella Italia dürfte auch wirtschaftlichem Einmaleins geschuldet sein. Schließlich könne er von der Toskana aus ganz Europa mit medizinischem Hanf versorgen, sagt Kristen. Und: Die Produktionskosten seien deutlich niedriger. Während er im Wiener Umland eine Stromrechnung fast "wie eine Kleinstadt" gehabt habe, brauche er in seinem neuen Domizil in Pietrasanta nahe Lucca höchstens im Winter elektrische Lampen.

Licht ist im Zusammenhang mit Cannabis wichtig. Wer in Österreich "legal" unterwegs sein will, darf die Pflanzen nicht zum Blühen bringen. Der als Suchtgift verbotene Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) entfaltet sich in der Blüte. Indem man die Pflanze 18 Stunden beleuchtet, kann man das verhindern. Das hat Kristen in Brunn am Gebirge, wo die Stecklinge gezogen wurden und die Unternehmenszentrale stand, bisher so gehandhabt. In Italien ist das nicht mehr nötig.

Erster Hanfladen 2004

Kristen wurde 1971 in Wien geboren. In seinem Elternhaus galt Cannabis als "Einstiegsdroge". Der Sohn hatte anderes im Sinn: Der 1,91 Meter große Lackel spielt Volleyball, schafft es bis in die Bundesliga. Als er mit Mitte zwanzig Vater wird und heiratet, reicht das Geld weder zum Leben noch als Perspektive. Er schreibt sich für Jus ein. An der Uni merkt er, wie viele Menschen "Gras" rauchen. Dass der Staat die Menschen in die Illegalität treibt, versteht er nicht. Er will da nicht mittun, lässt Jus bleiben. Die Ehe geht in die Brüche. Er aber riskiert und eröffnet 2004 seinen ersten Hanfladen. Weitere sollen folgen – aber wohl nicht in Österreich. (Günther Strobl, 11.6.2018)