Bild nicht mehr verfügbar.

Bahngeleise in deren Nähe bei Wiesbaden-Erbenheim Polizisten die Leiche des Mädchens fanden.

Foto: REUTERS/Thorsten Wagner

Wiesbaden/Frankfurt – Der im Fall Susanna gefasste Verdächtige Ali B. hat die Tötung der 14-Jährigen gestanden. Eine Ermittlungsrichterin ordnete die Untersuchungshaft an, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Sonntagabend mit.

Der 20-jährige Iraker wurde in einem weißen Overall abgeführt und mit einem Polizeihubschrauber von Wiesbaden aus auf das Gelände einer Bundespolizei-Kaserne geflogen. Von dort wurde er mit einer Eskorte in die Justizvollzugsanstalt Frankfurt I gebracht.

Verdächtiger bestreitet Vergewaltigung

Zuvor hatte sich B. nach seiner misslungenen Flucht in den Irak ausführlich vor der deutschen Justiz geäußert. "Er hat sich dahingehend geständig eingelassen, dass er Susanna F. umgebracht habe, eine Vergewaltigung wurde durch ihn allerdings bestritten", teilte Oberstaatsanwalt Oliver Kuhn am Sonntagabend mit. "Als Motiv für die Tat gab er an, dass er aufgrund von Verletzungen im Gesicht von Susanna, die infolge eines Sturzes entstanden sein sollen, befürchtet habe, dass diese die Polizei informieren werde."

Diese Angaben habe B. noch in der Nacht auf Sonntag in einer polizeilichen Vernehmung gemacht und in einer Anhörung der Ermittlungsrichterin am Sonntag bestätigt. Die Aussage am Sonntag dauerte demnach nahezu sechs Stunden.

Merkel für schnellere Abschiebungen

Der Iraker steht im dringenden Verdacht, die am Mittwoch in Wiesbaden tot aufgefundene 14-Jährige in der Nacht vom 22. auf den 23. Mai vergewaltigt und getötet zu haben. Bundespolizisten hatten ihn am Samstag an Bord einer Lufthansa-Maschine aus der nordirakischen Stadt Erbil zurück nach Deutschland gebracht. Die Nacht hatte er im Wiesbadener Polizeigewahrsam verbracht, nachdem ihn ein Polizeihubschrauber am Frankfurter Flughafen abgeholt hatte.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich nach dem Tod des Mädchens für schnellere Abschiebungen abgelehnter Flüchtlinge ausgesprochen. "Der Fall zeigt doch, wie wichtig es ist, dass die Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, schnell ihr Verwaltungsgerichtsverfahren bekommen und schnell wieder nach Hause geschickt werden können", sagte sie am Sonntag in der ARD-Sendung "Anne Will". B. hatte gegen die Ablehnung seines Asylbescheids Rechtsmittel eingelegt und damit seine Abschiebung über Monate verhindert.

Verdächtiger wollte sich "in Nachbarland des Irak" absetzen

Für den Fall der jetzt angeordneten Untersuchungshaft hieß es bereits im Vorfeld, dass B. in das Männergefängnis Frankfurt I gebracht werden solle. Dort könne er im Fall einer Suizidgefährdung besser überwacht werden, hieß es in Ermittlerkreisen. Üblicherweise werden junge Untersuchungshäftlinge in der JVA Wiesbaden untergebracht.

B. hatte sich zuvor mit seiner Familie von Deutschland aus zunächst in die Türkei und dann in den Irak abgesetzt. Dort konnten ihn die kurdischen Sicherheitsbehörden am Freitag um 5.20 Uhr "in letzter Sekunde vorläufig festnehmen", sagte Bundespolizei-Chef Dieter Romann der "Bild am Sonntag": "Der Tatverdächtige hatte vor, sich in ein Nachbarland des Irak abzusetzen."

Sohn kann sich laut Mutter nicht an Tat erinnern

Nach Angaben von Ermittlern vor Ort soll B. die Tat in kurdischer Haft gestanden haben. Demnach sagte er aus, er und sein Opfer hätten viel Alkohol getrunken und Tabletten geschluckt, schließlich sei es zum Streit gekommen. Das Mädchen habe gedroht, die Polizei anzurufen, was ihn zu seiner Tat getrieben habe – er habe die 14-Jährige stranguliert. Seine Mutter sagte der Deutschen Welle, dass ihr Sohn sich nicht an die Tat erinnern könne, weil er betrunken gewesen sei. Juristisch könnte das unter Umständen als verminderte Schuldfähigkeit gewertet werden.

In Erbil setzten kurdische Polizisten B. am Samstagnachmittag in eine Lufthansa-Maschine, Beamte der Bundespolizei waren an Bord. Nach der Landung in Frankfurt führten maskierte Bundespolizisten ihn zu einem Hubschrauber, der ihn zur Vernehmung nach Wiesbaden brachte. Behördenchef Romann, der laut "Bild" selbst in der Maschine war, sagte, den "außergewöhnlichen Einsatz" von Bundespolizei und kurdischen Sicherheitsbehörden sei man "auch der Mutter des toten Kindes schuldig".

Der Kriminalfall mit einem Asylwerber als Hauptverdächtigem schlägt in Deutschland seit Tagen hohe Wellen. "Ich bin froh, dass der von der deutschen Justiz gesuchte mutmaßliche Täter wieder in Deutschland ist", sagte Innenminister Horst Seehofer am Samstagabend. "So kann das Ermittlungsverfahren schnell vorangetrieben werden."

Auch Merkel begrüßte die Festnahme und die Rückführung nach Deutschland. "Das unfassbare Leid, das der Familie und dem Opfer widerfahren ist, bewegt jeden und erfasst auch mich", sagte sie am Samstag beim G7-Gipfel im kanadischen La Malbaie.

Demonstrationen gegen Merkel

In Susannas Heimatstadt Mainz geht eine Serie von Demonstrationen weiter. Am Sonntag fanden sich aber nur wenige Demonstranten bei einer Kundgebung der rechtsgerichteten Initiative "Beweg was!" ein. Sie hatte unter dem Titel "Merkel muss weg" in den vergangenen Wochen gegen illegale Einwanderung protestiert. Auch mehrere Gegendemonstrationen waren schwach besucht. Für Montag waren weitere Proteste angekündigt.

Die Kriminalpolizei bittet weiterhin um Zeugenhinweise. Sie hat ein Callcenter mit mehreren Polizisten eingerichtet, das bis auf weiteres rund um die Uhr besetzt sein soll. Gesucht werden Zeugen, die am 22. und 23. Mai verdächtige Beobachtungen in Wiesbaden-Erbenheim gemacht haben, wo später Susannas Leiche gefunden wurde. (APA, 10.6.2018)