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Ein Blick sagt genug: Trump über Trudeau.

Foto: Reuters/CHRISTINNE MUSCHI

Singapur/Washington – US-Präsident Donald Trump setzt seine persönlichen Untergriffe gegen den kanadischen Premierminister Justin Trudeau fort. In einem am Montagvormittag aus Singapur versendeten Tweet warf er Trudeau vor, im Handelsstreit mit den USA ein Simulant zu sein. "Justin simuliert, wenn er zur Rede gestellt wird", twitterte Trump mit Blick auf die angebliche "Prahlerei" Kanadas in Handelsfragen.

Kanada behaupte, einen Handelsbilanzüberschuss von fast 100 Milliarden Dollar mit den USA zu haben, schrieb Trump, ohne weitere Belege anzuführen. "Warum sollte ich, als Präsident der Vereinigten Staaten, anderen Ländern erlauben, weiterhin massive Handelsüberschüsse zu haben, wie schon seit Jahrzehnten, während unsere Bauern, Arbeiter und Steuerzahler so einen hohen und unfairen Preis zahlen müssen?"

Nach dem Twitter-Frontalangriff von US-Präsident Donald Trump hat sich Kanadas Parlament am Montagabend (Ortszeit) geschlossen hinter Premier Justin Trudeau gestellt. Die Abgeordneten verabschiedeten am Abend einstimmig eine von der Opposition eingebrachte Erklärung gegen "verunglimpfende ad-hominem (persönliche) Erklärungen durch US-Amtspersonen".

Diese Erklärungen würden nämlich "den bilateralen Beziehungen einen schlechten Dienst erweisen und Bemühungen unterlaufen, diesen Handelskonflikt zu lösen", hieß es.

Trump ließ G7-Erklärung platzen

Trump hatte am Samstag auf dem Weg nach Singapur die zuvor vereinbarte gemeinsame Schlusserklärung des G7-Gipfels in Kanada platzen lassen, nachdem Trudeau Vergeltungsmaßnahmen gegen die von Trump verfügten Strafzölle angekündigt hatte. Den kanadischen Premierminister bezeichnete er als "sehr unehrenhaften und schwachen" Gastgeber.

In einer Reihe von Tweets bekräftigte Trump am Montag auch seine Kritik an den EU-Staaten. "Die Europäische Union hatte einen 151-Milliarden-Dollar-Überschuss – sollte viel mehr für das Militär zahlen!", schrieb er. "Wir schützen Europa (was gut ist) mit großem finanziellem Verlust und werden dann auf unfaire Weise in Handelsfragen ausgenommen. Die Veränderung kommt!" Und weiter: "Deutschland zahlt ein Prozent (langsam) seines BIP in Richtung Nato, während wir vier Prozent eines viel größeren BIP zahlen. Glaubt irgendjemand, dass das Sinn ergibt?"

Trump kritisierte auch den Handelsüberschuss anderer Nato-Staaten: "Nicht fair gegenüber dem amerikanischen Volk! 800 Milliarden Dollar Handelsdefizit", lautete eine Nachricht. Die USA trügen nahezu die gesamten Kosten der Nato und schützten damit "viele der Länder, die die USA im Handel abzocken und lachen". Die EU erwirtschafte einen Überschuss von 151 Milliarden Dollar und solle deutlich mehr für das Militär ausgeben, forderte Trump.

Kritik von Merkel

"Ernüchternd" und "deprimierend" nannte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Trumps verweigerte Zustimmung zur gemeinsamen Erklärung der G7-Staaten. Das sei ein "einschneidender Schritt" für die Staatengruppe, kritisierte Merkel am Sonntag in der ARD-Sendung "Anne Will". Auch in anderen Punkten widersprach sie dem US-Präsidenten.

Angela Merkel bei Anne Will.

Merkel saß bereits im Flugzeug zurück nach Berlin, als Trump am Samstag auf Twitter der mühsam ausgehandelten Abschlusserklärung zum G7-Gipfel die Unterstützung entzog. Diese Rücknahme per Tweet sei "ernüchternd und ein Stück deprimierend", schilderte Merkel ihre Stimmung.

Merkel: "Einschneidender Schnitt"

Sie sei weiterhin der Ansicht, dass Trump in "vielen Fragen" die Prinzipien und Werte der G7-Staaten teile. "Aber die Kündigung dieses Kommuniqués ist jetzt natürlich schon ein einschneidender Schritt", stellte Merkel klar. Gleichzeitig machte sie deutlich, an dem Format festhalten zu wollen. Trumps Entscheidung bedeute aus ihrer Sicht auch nicht das Ende der transatlantischen Partnerschaft, "aber wir können uns da nicht einfach drauf verlassen".

Deutscher Wirtschaftsminister zu Gesprächen bereit

Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier setzt auch nach dem G7-Eklat auf Gespräche mit den USA. "Wir sind bereit, über Ungleichgewichte im Handel zu reden", sagte er am Montag dem Deutschlandfunk. Das könne aber nicht in Form einer Konfrontation geschehen.

Altmaier gestand ein, dass die Europäer und ihre Partner beim G7-Gipfel keine Fort-, sondern eher Rückschritte hätten hinnehmen müssen. Dennoch müsse man versuchen, diese Lage zu überwinden. "Wichtig ist, dass die Europäer weiter geschlossen agieren." Sie müssten zudem deutlich machen, dass sie "nur zu fairen und zu rechtmäßigen Vereinbarungen bereit sind". Jetzt gelte es, über Fakten zu sprechen. "Im Augenblick sieht es aber so aus, dass eine Einigung jedenfalls kurzfristig noch nicht in Sicht ist."

Angesprochen auf mögliche US-Importzölle auf Autos warnte Altmaier davor, Entwicklungen herbeizureden, die es noch gar nicht gebe. Noch seien diese Zölle nicht verhängt. Er setze im Übrigen darauf, dass es in den USA selbst Kräfte gebe, die Trumps Kurs in der Handelspolitik für nicht richtig halten. Jedenfalls schade ein weiteres Drehen an der Zollspirale auch den Interessen der USA. (APA, Reuters, 11.6.2018)