Die Erbkrankheit Fanconi-Anämie (FA) wird durch defekte DNA-Reparaturgene in den Zellen verursacht und führt zu Knochenmarksversagen, Entwicklungsstörungen und erhöhtem Krebsrisiko. Mittels genomweiter genetischer Methoden haben Wissenschafter am CeMM in Wien künstliche Gendefekte in FA-Zellen erzeugt und ein Gen gefunden, dessen Ausschaltung den Effekt der Krankheit in den Zellen aufhebt.

Das dazugehörige Protein stellte sich als Ziel für eine potenzielle Therapie dieser seltenen Erbkrankheit heraus. Die Studie der Forschungsgruppe unter der Leitung von Joanna Loizou wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht, teilte das CeMM in einer Aussendung mit. Die Arbeit erfolgte unter anderem in Kooperation mit der University of Cambridge und dem Leiden University Medical Center.

Warum Reparatur versagt

Die Fähigkeit, DNA zu reparieren, ist für einen gesunden Organismus unverzichtbar. Zehntausende Schäden ereignen sich jeden Tag im Erbgut der Zellen. Daher gibt es eine ganze Palette an Reparaturmechanismen, die es den Zellen ermöglicht, diese Schäden schnell zu beheben.

Die Bedeutung solcher Prozesse wird offensichtlich, wenn sie versagen: Die Zellen von Patienten mit Fanconi-Anämie sind nicht in der Lage, Vernetzungen der DNA – eine bestimmte Art von DNA-Schäden – zu reparieren. In Folge entwickeln die meisten FA-Patienten neben zahlreichen anderen Symptomen Tumore. Bisher gibt es keine kurative Behandlung der Krankheit.

Durch zusätzliches Ausschalten weiterer Gene bei einem bereits vorhandenen Gendefekt kann es zu einer Umlagerung der hochkomplexen molekularen Netzwerke der Zelle kommen. Mit einer Analyse, in der jedes Gen von FA-Zellen einzeln ausgeschaltet wurde, fanden die Forscher eines, das die Fähigkeit zur Reparatur von DNA-Vernetzungen wiederherstellte. Das gefundene Gen codiert für ein Enzym, USP48, das einen wichtigen Regulationsfaktor für Proteine entfernen kann. Wenn USP48 in FA-Zellen nicht mehr vorhanden ist, reagieren die Zellen weniger empfindlich auf DNA-schädigende Substanzen.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Inaktivierung von USP48 die chromosomale Stabilität der FA-Zellen erhöht," erklärte Loizou in der Aussendung. "Wenn es gelänge, gezielt inhibierende Moleküle gegen USP48 zu entwickeln, wäre das ein völlig neuer potenzieller Ansatz, um die verheerenden Symptome von FA-Patienten zu mildern." (APA,12.6.2018)