Bochum – Tritt das Mineral Dolomit in Meeres- und Seesedimenten auf, liefert es wertvolle Hinweise auf die Umweltbedingungen zur Zeit ihrer Entstehung. Bisher war man davon ausgegangen, dass sich Dolomit bei hohen Salzkonzentrationen und Temperaturen zwischen 20 und 40 Grad Celsius bildet. Daher wurde das Mineral in der Vergangenheit als Zeichen für ein trockenes und heißes Klima interpretiert. Nun aber ist zur Überraschung von Geologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) Dolomit auch in verhältnismäßig jungen Proben aus dem Vanseeboden aufgetaucht – ausgerechnet aus Phasen mit niedrigerem Salzgehalt und gleichbleibend tiefer Temperatur des Wassers um drei Grad Celsius. Der Fund stellt damit bisherige Umweltrekonstruktionen auf Basis von Dolomit weitgehend in Frage.

Seit seiner Entdeckung im Jahr 1791 ist Dolomit ein geologisches Rätsel. Das Mineral kommt häufig in alten Gesteinen vor. Die größten Dolomitvorkommen stammen aus einer Zeit vor mehr als 542 Millionen Jahren und deuten auf eine marine Herkunft hin. Ob das Mineral aus dem Wasser direkt oder im Laufe post-sedimentärer Prozesse ausgefallen ist, bleibt umstritten. Heutzutage fällt es nur in vergleichsweise kleinen Mengen und überwiegend unter sehr speziellen Bedingungen in sehr warmem und stark salzhaltigem Wasser wie in Lagunen und flachen salzigen Seen aus.

Fehlgeschlagenen Experimente

Viele Laborversuche, das Mineral experimentell zu züchten, sind fehlgeschlagen. "Das Spektrum der Bedingungen, die für die Dolomitentstehung erforderlich sind, basiert daher auf Beobachtungen und Annahmen, die nicht immer einfach zu verifizieren sind", berichtet Jeremy McCormack, Hauptautor der nun in den "Geophysical Research Letters" erschienenen Studie.

Bei der Analyse von Sedimentbohrkernen aus dem Vanseeboden in der Türkei erlebten Forscher um McCormack und Ola Kwiecien eine Überraschung: Sie konnten mit Röntgendiffraktometrie und Rasterelektronenmikroskopie Dolomitkristalle in verhältnismäßig jungen Sedimenten nachweisen. "Die Sedimente sind nur bis zu 150.000 Jahre alt, was auf der geologischen Zeitskala nicht viel ist", erklärt McCormack. "Sie waren noch nicht einmal lithifiziert, das heißt noch nicht versteinert, sondern noch nasser Schlamm."

Viel Wasser und wenig Salz

Die Dolomitkristalle befanden sich ausgerechnet in jenen Schichten der Sedimente, die sich zu Zeiten abgelagert hatten, in denen der See einen hohen Wasserstand hatte. Ein hoher Wasserstand geht einher mit einem niedrigeren Salzgehalt. Zudem war das Wasser in der Tiefe des Sees konstant kalt, um die drei Grad Celsius. "Das heißt, dass viele der Umweltbedingungen, die man bisher als essenziell für die Dolomitausfällung betrachtet hat, gar nicht so wichtig sein können", erklärt Kwiecien. "Die Rekonstruktionen des Klimas und der Umwelt der Vergangenheit, die auf der Anwesenheit von Dolomit beruhen, müssen daher revidiert werden." (red, 17.6.2018)