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Kim Jong-un und Donald Trump bei der Unterzeichnung der gemeinsamen Gipfelerklärung.

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Historischer Handschlag zwischen den beiden Staatschefs.

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Singapur – US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un haben auf ihrem historischen Gipfel in Singapur ein Dokument unterzeichnet, in dem sich beide Seiten auf gemeinsame Bemühungen zu einer "vollständigen Denuklearisierung" der Koreanischen Halbinsel verständigen. Trump sagte Nordkorea zudem Sicherheitsgarantien zu. Ihre Vereinbarung wollen die beiden Staatschefs "vollständig" und "zügig" umsetzen, heißt es in dem Dokument. Wie genau diese Denuklearisierung genau aussehen soll, blieb vorerst offen. Klar ist lediglich, dass es bisher gewaltige Auffassungsunterschiede zwischen den USA und Nordkorea gab, was nukleare Abrüstung genau bedeutet bzw. bedeuten soll.

In ihrer kurzen Gipfelerklärung vereinbarten Trump und Kim, sich für eine dauerhafte und stabile Friedensordnung auf der Koreanischen Halbinsel einzusetzen. Formell ist der Koreakrieg nach 65 Jahren noch nicht beendet, 1953 gab es nur einen Waffenstillstand. Neben der Denuklearisierung wurde auch vereinbart, die sterblichen Überreste von Soldaten und Kriegsgefangenen auszutauschen.

Keine "provokativen Kriegsspiele" mehr

In einer Pressekonferenz kündigte Trump danach ein wesentliches Detail an, das nicht in der Abschlusserklärung vorkam: Die USA setzen ihre gemeinsamen Militärmanöver mit Südkorea aus. Trump bezeichnete die Aktionen als "sehr provokativ" und erklärte, diese "Kriegsspiele" würden nun enden. Unklar ist, ob der Schritt mit Südkorea abgestimmt war. Ein Sprecher der Regierung in Seoul sagte, man müsse herausfinden, was genau Trumps Absichten seien. Die US-Truppen in Südkorea will Trump nicht abbauen, auch die Sanktionen bleiben vorerst in Kraft.

Nach dem Gipfeltreffen gab Trump eine inhaltlich teils diffuse Pressekonferenz in Singapur.
The White House

Trump sagte zudem, er erwarte sehr bald den Beginn des Denuklearisierungsprozesses in Nordkorea. Hierzu solle es in der kommenden Woche Gespräche geben. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt soll es Folgeverhandlungen unter Leitung von US-Außenminister Mike Pompeo und einem hochrangigen nordkoreanischen Beamten geben. Die atomare Abrüstung Nordkoreas werde von amerikanischen und internationalen Vertretern überwacht, wie Trump allerdings nur in der Pressekonferenz ankündigte – Teil der vereinbarten Gipfelerklärung ist dieser Punkt nicht. Kim habe ihm zudem zugesagt, ein Raketenantriebstestgelände zu zerstören.

Ein weiteres Thema, das Trump nur in der Pressekonferenz erwähnte und das nicht in der Gipfelerklärung vorkam, sind Menschenrechte. "Das ist angesprochen worden, und es wird in Zukunft angesprochen werden", sagte Trump. Allerdings seien die Menschenrechte im Vergleich zur atomaren Abrüstung nur "verhältnismäßig kurz" Thema gewesen.

Freundliche Atmosphäre

"Ich habe einen sehr talentierten Mann kennengelernt", sagte Trump, der Kim ins Weiße Haus einlud und seinerseits eine Reise nach Pjöngjang in Aussicht stellte. Das Treffen sei "besser gelaufen, als irgendjemand erwarten konnte". Kim nannte den von demonstrativ freundlichen Gesten geprägten Gipfel einen "guten Auftakt zum Frieden".

ORF-Auslandschef Andreas Pfeifer analysiert das Treffen.
ORF

"Ich überbringe im Namen des amerikanischen Volkes eine Botschaft von Hoffnung und Frieden", sagte Trump nach dem Gipfel in einem Luxushotel auf der Vergnügungsinsel Sentosa. Kim sei den ersten Schritt in eine leuchtende Zukunft seines Volkes gegangen. Er glaube, dass Kim sich an die Abmachung halten werde, sagte Trump: "Aber ich könnte mich irren." Kim sagte: "Wir haben alle Arten von Skepsis und Spekulationen über diesen Gipfel überwunden, und ich glaube, dass das gut für den Frieden ist." Beide hätten vereinbart, die Vergangenheit hinter sich zu lassen: "Die Welt wird eine große Veränderung sehen."

Das Treffen war das erste eines US-Präsidenten mit einem Machthaber in Pjöngjang. Trump und Kim zeigten sich vor den Augen der Welt demonstrativ umgänglich. So bezeichnete Trump Kim als "sehr schlau" und zollte ihm mit den Worten Respekt, er sei "ein würdiger und sehr harter Verhandlungspartner". Zum Auftakt des Treffens zogen sich beide für etwa 40 Minuten in die Hotelbibliothek zurück, begleitet nur von ihren Übersetzern. Anschließend folgten Treffen in größerer Runde.

Gegenseitige Einladungen

Noch vor wenigen Monaten hatten sich beide mit Vernichtung gedroht und mit persönlichen Schmähungen überzogen. So hatte Trump Kim einen "kleinen Raketenmann" genannt, während Kim den Präsidenten als "umnachteten US-Greis" beschimpfte. Nach einer neuen Serie von Atom- und Raketentests Nordkoreas hatte sich die Krise zugespitzt und Trump den Sanktionsdruck verschärft.

Mit der Winter-Olympiade in Südkorea, zu der Nordkorea eine Sportlerdelegation entsandte, setzte dann Tauwetter ein. Trump sagte, Kim habe bereits zugesagt, ihn "zu einem angemessenen Zeitpunkt" im Weißen Haus zu besuchen. Er werde zu gegebener Zeit eine Reise nach Pjöngjang unternehmen.

Positive Reaktionen

Der südkoreanische Ministerpräsident Moon Jae-in lobte Kim für dessen Bereitschaft zu einem Treffen mit Trump: "Wir lassen die dunklen Tage von Krieg und Konflikt hinter uns und schreiben ein neues Kapitel von Frieden und Kooperation." China erklärte, es sollten Sanktionserleichterungen erwogen werden. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bezeichnete die Gipfelvereinbarung als ersten Schritt hin zu einem umfassenden Abkommen. Russland bot Hilfe bei der Atomabrüstung an. Das Treffen sei positiv, aber "der Teufel steckt im Detail", erklärte das Außenministerium in Moskau. Trump zufolge reichte die Zeit in Singapur nicht aus, um die Einzelheiten der Denuklearisierung festzulegen.

Bisher hat Nordkorea sechs Atomwaffentests durchgeführt. Zudem verfügt das Land nach eigenen Angaben über Trägerraketen, die das Festland der USA erreichen können. Nordkorea unterhält eine der zahlenmäßig größten Armeen der Welt, leidet aber immer wieder unter gravierenden Hungersnöten. (maa, Reuters, APA, 12.6.2018)