• CHINA

Chinas Außenminister Wang Yi gratulierte US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zum Erfolg ihres Gipfels – und zwar schon im Voraus. Die Absicht der Denuklearisierung Nordkoreas und die Einleitung eines Friedensmechanismus seien auch "das Ziel, das Peking erreichen wollte". China, das am Treffen in Singapur nicht beteiligt war, nahm die Ergebnisse für sich in Anspruch. Wang: "Niemand kann die einzigartige und wichtige Rolle in Zweifel ziehen, die China dafür spielte. Diese Rolle wird es weiterführen."

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Chinas Außenminister Wang Yi: "Niemand kann die einzigartige und wichtige Rolle in Zweifel ziehen, die China dafür spielte.
Foto: Greg Baker/Pool via Reuters

China kann sich sogar als später Gewinner der Entwicklung fühlen, nachdem Trump Kim viel mehr zusagte, als in ihrem Vertrag steht: etwa die Ankündigung des Endes der jährlichen US-Militärmanöver mit Südkorea, den in Aussicht gestellten Abzug der US-Soldaten aus Südkorea sowie die Aushandlung eines Friedensvertrages mit Nordkorea anstelle des seit 1953 geltenden Waffenstillstandpakts unter Einbeziehung Pekings.

  • JAPAN

Japans Premierminister Shinzo Abe reagierte auf den Gipfel mit gewohnt eiserner Loyalität zu Präsident Trump. Er unterstütze das Treffen als "Schritt zu einer umfassenden Lösung der verschiedenen Probleme mit Nordkorea", sagte der Regierungschef in Tokio. In Wirklichkeit dürfte die Abmachung zwischen Trump und Kim eine Enttäuschung für ihn sein, da Nordkorea bei Atomwaffen und Raketen keine konkreten Zugeständnisse gemacht hat.

Japan fühlt sich durch Mittelstreckenraketen aus Nordkorea bedroht, die jedoch kein Thema in Singapur waren. "Ein Friedensvertrag ohne Denuklearisierung bringt uns nichts", meinte Japans früherer Chefunterhändler mit Nordkorea, Mitoji Yabunaka. Doch bei einem Hauptanliegen von Abe zeichnet sich Bewegung ab. Im April und Juni war der 63-jährige Nationalist nach Washington gereist und hatte Trump gebeten, beim Gipfel das Schicksal von Japanern anzusprechen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren nach Nordkorea verschleppt wurden. Trump erfüllte diese Bitte.

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Japans Premierminister Shinzo Abe unterstützt das Treffen als "Schritt zu einer umfassenden Lösung der verschiedenen Probleme mit Nordkorea".
Foto: REUTERS/Issei Kato

Kim hätte ihm gesagt, er werde sich um dieses Thema kümmern, sagte Trump. Nun kündigte Abe an, Kim selbst treffen zu wollen, um den Verbleib von mindestens 17 Landsleuten zu klären. Lebende Verwandte der Entführten reagierten überwältigt. Von einem "Wunder" sprach die 82-jährige Sakie Yokota. Ihre Tochter Megumi war 1977 nach Nordkorea verschleppt worden. Die Entführtenfrage blockiert seit 16 Jahren eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Tokio und Pjöngjang.

  • RUSSLAND

Russland hat das Treffen zwischen Trump und Kim grundsätzlich begrüßt, die Erwartungen in Moskau sind allerdings verhalten. "Eine Verhandlungsrunde bringt noch keine ernsthaften Resultate", erklärte der stellvertretende Chef des Verteidigungsausschusses in der Duma, Juri Schwytkin. Seinen Worten nach hatten die USA in der Vergangenheit durch "Provokationen" wie Truppenübungen stets eine "Reaktion Pjöngjangs" ausgelöst. Der Politiker schob damit die Verantwortung für die nukleare Aufrüstung Nordkoreas der amerikanischen Seite zu.

Die beschlossene nukleare Abrüstung in der Region will Moskau nach Kräften unterstützen. "Wenn es gelingt, mit der Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel einen positiven Präzedenzfall zu schaffen, werden wir das nicht nur begrüßen, sondern wie früher auch mit aller Kraft fördern – im Sinne politischer Unterstützung und der Formulierung konkreter Vorschläge, die darauf zielen, die Verständigung umzusetzen", sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow.

Russland will die beschlossene nukleare Abrüstung in der Region nach Kräften unterstützen, wie Vizeaußenminister Sergej Rjabkow ankündigte.
Foto: APA/AFP/Lehtikuva/MARTTI KAINULA

Tatsächlich ist Russlands Position im Korea-Konflikt relativ klar umrissen: Moskau hat wenig Interesse an der atomaren Aufrüstung eines unmittelbaren Nachbarn. Die Atomraketen, die Kim testete, riefen auch in der russischen Fernostregion um Wladiwostok Unruhe hervor. Noch weniger aber ist Moskau daran interessiert, dass es an seiner Ostflanke zu einem weiteren heißen Konflikt kommt, in dessen Folge womöglich der amerikanische Einfluss in der Region weiter wächst.

  • EU

Die Europäische Union begrüßte die Erklärung von Kim und Trump als "entscheidenden und notwendigen Schritt" im Friedensprozess auf der Koreanischen Halbinsel. Eine atomwaffenfreie Zone sei möglich. Außenbeauftragte Federica Mogherini hob die positive Rolle des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in dabei hervor.

Südkorea ist für die Europäer ein wichtiger Handelspartner, seit 2011 gibt es einen gut funktionierenden Freihandelspakt. Dennoch hat die US-Diplomatie aus europäischer Sicht eine bittere andere Seite, weil das Abkommen der USA mit Nordkorea umso schriller vor Augen führt, wie sehr Trump die Politik der verbündeten EU-Staaten, die internationale Zusammenarbeit brüskiert, konkret beim Atomabkommen mit dem Iran. Die USA sind ausgestiegen. Die drei EU-Unterzeichnerstaaten Deutschland, Großbritannien und Frankreich wollen nun ausgerechnet mit China und Russland, gegen das es wegen der Ukraine EU-Sanktionen gibt, um den Erhalt des Iran-Vertrags kämpfen.

EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini begrüßte den "notwendigen Schritt" im Friedensprozess auf der Koreanischen Halbinsel.
Foto: APA/AFP/FREDERICK FLORIN

Wie Mogherini im Plenum des EU-Parlaments in Straßburg erklärte, würde ein Scheitern der nuklearen Aufrüstung im Iran auch auf konventionellem Gebiet die Kriegsgefahr im Nahen Osten erhöhen. Eine Eskalation müsse verhindert werden.

Auf die USA kann die EU dabei nicht mehr zählen. Washington kündigte "härteste Sanktionen" gegen den Iran an. Dazu kommt, dass die EU-Kommission alle Hände voll zu tun hat, den Streit um Strafzölle mit den USA in geordnete Bahnen zu lenken. (Johnny Erling aus Peking, Martin Fritz aus Tokio, André Ballin aus Moskau, Thomas Mayer aus Straßburg, 12.6.2018)