Tisch-BBQ samt kupfernen Abzugsschloten der original koreanischen Art gibt es im neuen Sura in der Singerstraße.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Einen wirklich faszinierenden Querschnitt durch die Vielfalt koreanischer Küchentechniken und Aromen aber bietet das Sura-Menü aus zahllosen kleinen Snacks, diversen Kimchis und mehreren Hauptgerichten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Erst Hanil, dann Kyoto, jetzt Sura: In der Singerstraße 13, in unmittelbarer Nähe zu Stephansplatz und Kärntner Straße, wird seit bald 30 Jahren ostasiatisch gekocht. Hier war einst das Flaggschiff von Hanil untergebracht, einer kleinen Kette japanischer Restaurants, die in den 1990er-Jahren von einer Gruppe koreanischer Gastronomen gegründet worden war. Einer von ihnen war Tae-Hyung Kim, der den Standort in der Singerstraße später aus der Gruppe löste und unter dem Namen Kyoto sein eigenes Ding aufzog. Die Sushibar gleichen Namens in der Walfischgasse gehört übrigens auch dazu. Nun also Sura, was sich als "das königliche Mahl" übersetzen lässt.

So ein hochtrabender Name weckt natürlich Erwartungen. Und siehe: Schon beim Eintreten fallen spacige, kupferne Abzugsschlote ins Auge, die über jedem Tisch angebracht sind und auf die darunter eingebauten Tischgrills verweisen – etwas, das weltweit in koreanischen Restaurants Standard ist, in Wien seit dem Verschwinden des Senara in der Schwarzenbergstraße aber nur hier noch zu existieren scheint. Sushi und Sashimi gibt es zwar, die findet aber nur, wer die viele Seiten umfassende Speisekarte bis ganz nach hinten durchblättert.

Kimchi-Vielfalt

Dafür werden koreanische Festmenüs auf prächtigem, eigens aus der Heimat importiertem Messinggeschirr angeboten (siehe Bild), bei denen unter anderem eine grandiose Vielfalt an Kimchis zu verkosten ist. Jene aus Sesamblättern, aus kurz vergorener Gurke oder aus sonnengetrocknetem Rettich geraten besonders bemerkenswert. Sieht ganz so aus, als ob die – gar nicht so wenigen – koreanischen Gastronomen Wiens nach Jahrzehnten, in denen sie sich als Kryptojapaner ausgaben, langsam jenes Selbstbewusstsein entwickeln, das ihre Küche verdient. Oder hat es gar den weltweiten Erfolg koreanischer Überfirmen wie Samsung, LG oder Kia gebraucht, damit sie sich aus der Deckung wagen?

Egal, Kimchi jeon, der herrlich knusprige, nicht unfette Pfannkuchen mit Kimchi, gelingt jedenfalls fantastisch, die Kombination aus sauer, knusprig, mollig und umami animiert auf gefährliche Art zum Bier- wie auch zum Sojukonsum. Wobei der Reisspirit auf faszinierende Weise noch mehr nach gar nix schmeckt, als es das Villacher vom Fass vermag – muss man erst einmal fertigbringen. Aber es gibt auch südkoreanisches Hite-Bier und das wunderbare Pale Ale von Schleppe.

Schnipp, schnapp

Bulgogi, direkt am Tisch gegrillt, macht natürlich viel her, ungewöhnlicher (und besser) ist aber Galbisal, kunstvoll und hauchdünn rund um die Hochrippe geschnittenes Rind. Das Personal ist beim Grillen behilflich und sorgt auch für den mit Abstand exotischsten Moment des Abends – wenn nämlich das Fleisch beim Servieren ganz nonchalant mit einer Schere zerschnipselt wird. In knackige Salatblätter gepackt und in einen Dip aus fermentierter Gochujang-Chilipaste und Miso getunkt ist das ein ausgesprochen vergnügliches Essen für den ganzen Tisch.

Einen wirklich faszinierenden Querschnitt durch die Vielfalt koreanischer Küchentechniken und Aromen aber bietet das nebenstehend abgebildete Sura-Menü aus zahllosen kleinen Snacks, diversen Kimchis und mehreren Hauptgerichten, unter denen Jeon Gol speziell gut hervorsticht: Der auf einem Rechaud servierte Suppentopf ist mit allerlei kunstvoll frittiertem Fisch, Gemüse, Tofuvarianten und Fleisch gefüllt. Die saugen sich natürlich binnen kürzester Zeit mit der reichhaltigen, puren Rindsuppe an und entwickeln so einen eigenen, bei aller Klarheit sehr exotischen Reiz. Im Zweifel muss man halt mehrmals kommen, um die exemplarische Vielfalt, mit der sich die koreanische Küche hier präsentiert, halbwegs nachhaltig auszutesten. (Severin Corti, RONDO, 15.6.2018)

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