Der deutsche Schiedsrichter Benjamin Cortus darf während der Arbeit Fußball schauen – geht auch gar nicht anders. Am Arbeitsplatz dürfen das aber nicht alle Erwerbstätigen.

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Zwar wird die österreichische Fußballnationalmannschaft nicht in die russischen Stadien einlaufen, dennoch werden sich die meisten Fußballbegeisterten die Spiele der Weltmeisterschaft nicht entgehen lassen. Wenn am Donnerstag um 17 Uhr das Auftaktspiel Russland gegen Saudi-Arabien angepfiffen wird, werden viele Erwerbstätige noch am Arbeitsplatz sein. Ebenso bei manchen anderen Spielen, die schon am Nachmittag beginnen.

Darf man also im Büro die WM-Matches verfolgen? Nein, Arbeitnehmer dürfen ihre Arbeit nicht für die Spiele unterbrechen – egal ob es ein Livestream auf dem Smartphone ist oder eine Übertragung im Fernsehen. Es sei denn, der Arbeitgeber hat es ausdrücklich gestattet. Denn mit dem Arbeitsvertrag verpflichtet man sich dazu, zu arbeiten – ein Fußballspiel lenkt zu sehr ab, als dass man seiner Tätigkeit konzentriert nachgehen könnte. Wer das trotzdem heimlich tut und dabei erwischt wird, den darf der Arbeitgeber verwarnen, im schlimmsten Fall sogar entlassen.

Ist am Arbeitsplatz allerdings privates Surfen erlaubt, spricht laut Arbeitsjuristen nichts dagegen, beispielsweise gelegentlich einen Liveticker zu aktualisieren – sofern die Arbeitsleistung dadurch nicht beeinträchtigt ist. Auch das Radiohören ist in vielen Büros üblich, wenn es leise geschieht und die Arbeitskollegen nicht stört. Bei einer 90-minütigen Übertragung kann die Ablenkung allerdings so groß sein, dass man besser vorher um Erlaubnis fragt. Wer im Gastgewerbe arbeitet, wo für die Gäste häufig ohnehin der Fernseher läuft, für den gilt: Kurzes Mitschauen ist erlaubt, solange der Service nicht darunter leidet.

Arbeitgeber inzwischen kulanter

Überhaupt dürften Arbeitgeber offener geworden sein, wenn es um Fußballschauen am Arbeitsplatz geht – zumindest in Deutschland. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Universität Hohenheim, die vor vier Jahren noch niedrigere Werte ergeben hat. Demnach tolerieren es 67 Prozent der befragten deutschen Arbeitgeber, wenn ihre Mitarbeiter einen Blick auf die Spielergebnisse werfen, mehr als ein Drittel ist einverstanden mit einer Fernsehübertragung, und 57 Prozent haben keine Einsprüche, wenn aus dem Radio eine Spielübertragung erklingt.

Kulante Arbeitgeber, die das Fußballschauen während der Arbeitszeit erlauben, können im Gegenzug allerdings verlangen, dass beispielsweise die 90 Minuten nachgeholt werden oder man so seine Überstunden abbaut. Manche Unternehmen machen auch ihr eigenes Corporate Viewing, bei dem gemeinsam ein Spiel verfolgt wird. Laut einer Befragung des Personaldienstleisters Robert Half unter 100 Personalverantwortlichen in Österreich ist die überwiegende Mehrheit der Befragten überzeugt von dem Wert solcher Firmenevents. Drei Viertel sehen darin Vorteile für ein besseres Mitarbeiterengagement und rund ein Drittel ein Instrument zur Mitarbeiterbindung. 15 Prozent geben an, dass es zu einem angenehmen Arbeitsklima beitrage, und sechs Prozent sehen es als produktivitätssteigernd. Lediglich zehn Prozent der befragten Personalverantwortlichen sehen keine Vorteile, wenn Fußballspiele im Kollegenkreis angeschaut werden.

Trikots im Büro

Wer die Spiele nicht verfolgen kann, aber dem Fußballfieber erlegen ist, darf in manchen Fällen Trikot, Schminke oder Schirmmütze der Lieblingsmannschaft tragen. Solange sie die Arbeit nicht behindern, dürfen Arbeitgeber diese Accessoires nicht verbieten. Haben die Mitarbeiter aber Kundenkontakt, kann Fankleidung die betrieblichen Interessen des Unternehmens beeinträchtigen und deshalb verboten werden. Und gibt es in der Firma einen Dresscode, kann auch während der Weltmeisterschaft keine Ausnahme davon gemacht werden, einheitliche Kleidung zu tragen.

Wen das immer noch nicht befriedigen sollte: Die Urlaubsregelungen gelten natürlich auch während der Weltmeisterschaft. Man darf also Urlaub nehmen, um die Spiele zu sehen. Der Urlaub darf nur dann abgelehnt werden, wenn dringende betriebliche Belange wie etwa viele Krankenstände oder Urlaubswünsche anderer Kollegen dagegen sprechen. (set, 13.6.2018)