Beim Widerstandsmahnmal, davor Bürgermeister Markus Linhart (VP) beginnt der Rundgang.

Foto: Jutta Berger

Fragmentarisches Erinnern in Bregenz

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Historikerin Ulrike Rinderer ergänzt, was auf der Tafel fehlt. Redler war ein Opfer des NS-Regimes

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Bregenz – Ohne Unterlass rattern Namen und Daten von Menschen, weiße Lettern auf schwarzem Untergrund, in einem Schaukasten auf dem Bregenzer Sparkassenplatz. Wie eine Fallblattanzeige, die früher auf Bahnhöfen An- und Abfahrt ankündigte, hat die Künstlerin Nataša Sienčnik das Bregenzer Widerstandsmahnmal gestaltet.

Seit 2015 erinnert es akustisch und visuell an 100 Menschen aus Vorarlberg, die sich als Wehrmachtsverweigerer, Deserteure oder Bürgerinnen und Bürger mit Zivilcourage gegen die Nationalsozialisten stellten. An Menschen, "die sich selber treu geblieben sind, nicht vereinnahmen ließen", sagte Bürgermeister Markus Linhart (VP), der am Dienstag mit Stadtarchivar Thomas Klagian ein neues Vermittlungsangebot, eine Themenführung für Schulen und interessierte Erwachsene, präsentierte.

Dialog im Gehen

Der von von erinnern.at (Institut für Holocaust Education des Bildungsministeriums) konzipierte zweistündige Rundgang verbindet das Mahnmal mit Stationen des bereits bestehenden Gedenkwegs und mit Orten, deren zentrale Funktionen im NS-Staat längst vergessen sind. Im Dialog mit den professionellen Vermittlerinnen und Vermittlern, die mit historischem Bild- und Textmaterial zur Diskussion anregen wollen, werden individuelle Schicksale und strukturelle Hintergründe erörtert.

Lernen für die Gegenwart

Aufgezeigt wird auch wie sich die Erinnerungskultur verändert hat. Am Beispiel der Erinnerungstafel für die von den Nazis ermordete Karoline Redler an ihrem Geburtshaus wird deutlich wie stark Verdrängung und Ignoranz bis in die Gegenwart waren. Die Tafel verschweigt, dass die christlich-soziale Geschäftsfrau, die sich kritisch über Hitler geäußert hatte, denunziert und hingerichtet wurde. Über die näheren Umstände ihres gewaltsamen Todes schweigt sich die Tafel aus.

Das Bregenzer Vermittlungsprogramm soll dazu beitragen, aus der Vergangenheit zu lernen, wünscht sich Bürgermeister Linhart. Beispielsweise, "dass es in unserer Hand liegt, wie weit totalitäre Strömungen Platz bekommen". (Jutta Berger, 12.6.2018)