Korea-Experte Rüdiger Frank: "Werden echte Resultate sehen."

Foto: privat/Rüdiger Frank

Der Gipfel von Singapur ist Geschichte. Doch was bleibt von dem Treffen zwischen Kim Jong-un und Donald Trump, und was bedeutet die gemeinsam unterzeichnete Erklärung der Staatslenker Nordkoreas und der USA letztlich für die weitere Entwicklung?

Für den Ostasien-Experten und Wirtschaftswissenschafter Rüdiger Frank hat der Gipfel das unter den gegebenen Umständen bestmögliche Ergebnis erbracht. Das Problem zwischen den Staaten sei komplex und tiefgehend, eine rasche Lösung nicht realistisch. Weitreichende und konkrete Versprechungen, die dann nicht eingehalten werden könnten, würden zu einem Vertrauensverlust führen, weshalb man sich zunächst nur allgemein auf eine Zusammenarbeit verständigt habe.

Fortsetzung des begonnenen Dialogs

In der Abschlusserklärung sieht Frank die Grundlage dafür: "Die Schritte zwei, drei und vier werden folgen, und dann werden wir auch echte Resultate sehen", so Frank zum STANDARD. Eine im Raum stehende Einladung Kims ins Weiße Haus in Washington würde die Fortsetzung des begonnenen Dialogs bedeuten. Für den Chef des Ostasien-Instituts der Universität Wien wäre dies nur ein Schritt von vielen zukünftigen Lösungen im Interesse der Menschen in Korea.

Rüdiger Frank gilt als einer der profundesten Kenner Nordkoreas. Er wuchs in der DDR und der Sowjetunion auf und absolvierte ein Sprachstudium an der Kim-Il-sung-Universität in Pjöngjang. Regelmäßig besucht er die beiden koreanischen Staaten und hat damit auch Einblick in die Mentalität der Nordkoreaner.

Gegengewicht zu China

Was denkt also die Bevölkerung des Nordens über das Treffen ihres Vorsitzenden Kim mit dem Präsidenten des Erbfeindes? Man hoffe auf Frieden, ein Ende der Sanktionen und irgendwann die Wiedervereinigung, erklärt Frank. "Heimlich wünscht man sich auch ein Gegengewicht zum erdrückend mächtigen China." Die Eliten würden auf einen weiteren sozialen Aufstieg hoffen, was wiederum Kim unter Druck setze, den eingeschlagenen Prozess nicht abreißen zu lassen.

Sowohl für Kim, der die Möglichkeit nutzen konnte, sich auf internationaler Bühne als seriöser Staatsmann zu präsentieren, als auch für Trump, der einen internationalen Erfolg gut brauchen kann, war das Gipfeltreffen in Singapur natürlich auch ein PR-Coup. Aber welche Seite hat nun wirklich mehr profitiert? "Eigentlich haben beide etwas davon", sagt Frank. Die Gespräche seien eine "klassische Win-win-Situation und damit auch eine gute Grundlage für die Zukunft." Dass Kim Trump die Bühne für eine abschließende Pressekonferenz überlassen hat, erklärt Frank damit, dass derlei in Nordkorea unüblich sei. Er ist aber "sicher, dass man in Pjöngjang bereits an einer Änderung dieser Politik arbeitet" .

Dass Trump Kim mit dem Treffen salonfähig gemacht haben könnte, hält Frank für Unsinn: "Trump hat nur endlich die unvernünftige Haltung seiner Vorgänger aufgegeben, die Gespräche als Belohnung ansehen. Dabei ist es gerade bei problematischen Partnern wie Nordkorea besonders wichtig, dass man im Gespräch bleibt."

Viele Schritte auf einem langen Weg

Und was ist von der angekündigten Denuklearisierung zu halten? Für Frank handelt es sich nur um einen Weg in diese Richtung. "Kim wird seine Atomwaffen nicht aufgeben, wenn er klug ist. Aber er wird die daraus resultierende Bedrohung abbauen, und darum geht es ja letztlich." Dies bedeute das Ende des Ausbaus des Atomprogramms, mehr Transparenz und Sicherheit, vor allem aber die Nichtweitergabe. Die USA würden ebenfalls stufenweise die Bedrohung Nordkoreas zurückfahren: "Keine Manöver mehr, teilweiser Rückzug aus Südkorea, das wären denkbare Schritte." (Michael Vosatka, 12.6.2018)