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Die Flüchtlinge, die sich auf der Aquarius befanden, sind in Richtung Spanien umgestiegen.

Foto: Karpov / SOS Mediterranee/handout via REUTERS

Rom – Nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron scharfe Kritik an Italiens Flüchtlingspolitik geübt hatte – Anlass war die Weigerung des italienischen Innenministers, 629 Flüchtlinge, die vom Rettungsschiff Aquarius aus dem Mittelmeer geborgen worden waren, aufzunehmen –, hat der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi den französischen Botschafter in Rom, Christian Masset, am Mittwoch zu einem Gespräch einbestellt. Dies teilte das italienische Außenministerium mit.

Die neue Regierung in Rom zeige "Zynismus und Verantwortungslosigkeit", sagte Macron nach Angaben eines Regierungssprechers am Dienstag am Rande einer Kabinettssitzung in Paris. Der Sprecher von Macrons Partei La République en Marche, Gabriel Attal, hatte das Verhalten der italienischen Regierung im Umgang mit dem Rettungsschiff Aquarius als "ekelerregend" bezeichnet.

"Franzosen sind unmenschlich"

Die rechte Lega, der der italienische Innenminister Matteo Salvini angehört, reagierte scharf auf Macrons Kritik. Frankreich schiebe täglich Migranten an der italienischen Grenze ab. "Die Franzosen und nicht Italien sind unmenschlich", betonte die Fraktionschefin der Lega im EU-Parlament, Mara Bizzotto.

Aquarius wird Samstagabend in Valencia erwartet

Nach der Sperrung der italienischen Häfen für die Aquarius wird die Ankunft des Rettungsschiffs nun am Samstagabend im spanischen Valencia erwartet. Der genaue Zeitpunkt hänge aber noch von den Wetter- und Meeresbedingungen ab, sagte Sophie Beau von der Hilfsorganisation SOS Méditerranée am Mittwoch in Marseille.

Die Seenotretter rechnen mit vier Meter hohen Wellen, sobald das Schiff die Straße von Sizilien verlässt – dies ist die Meerenge zwischen Sizilien und Tunesien.

Auf drei Schiffe umgestiegen

Am Dienstag wurden mehr als 520 Migranten auf zwei Schiffe der italienischen Küstenwache und der Marine gebracht, die drei Schiffe begannen anschließend die rund 1.500 Kilometer lange Fahrt nach Valencia.

Beau rief die europäischen Staaten auf, eine politische Lösung für die Organisation der Seenotrettung von Migranten auf dem Mittelmeer zu finden. In den vergangenen Jahren seien mindestens 15.000 Menschen gestorben. "Die Priorität ist es, eine geeignete Flotte bereitzustellen, um Rettungsaktionen im Mittelmeer durchzuführen", sagte sie. "Das wiederholen wir seit 28 Monaten, und niemand hört uns zu."

Van der Bellen: "Gewisses Verständnis für Italien"

Auch Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen meldete sich zu Wort und ist "froh und dankbar" darüber, dass sich die spanische Regierung nach tagelangem Streit die Flüchtlinge der Aquarius aufnimmt. Er habe aber auch ein "gewisses Verständnis" für die italienischen Behörden, sagte Van der Bellen am Mittwoch in Wien auf eine entsprechende Journalistenfrage.

Italien sei "über Jahre von der Europäischen Union alleingelassen" worden, erinnerte der Präsident am Rande eines Besuches bei Amnesty International Österreich. "Da muss man jetzt die italienische Regierung nicht so kritisieren, wie das der Fall ist."

Auf die Frage, ob er auch – ähnlich wie die Bundesregierung – die Gefahr einer neuen Flüchtlingsroute über den Balkan orte, meinte Van der Bellen, dass "von der Menge her" davon "gar keine Rede sein kann". Es sei derzeit nicht absehbar, dass sich eine neue Welle von Flüchtlingen in Bewegung setzt. "Und selbst wenn, dann haben sie einen Grund. Man flüchtet ja nicht freiwillig." Europa solle alles tun, "um auch diesen Menschen ein Leben in Frieden und Freiheit zu ermöglichen". (APA, 13.6.2018)